Der Green Deal schafft neue Leitplanken für die Wirtschaft

In unserer neuen Reihe „Jetzt mal konkret!“ geben Expertinnen und Experten aus den IHKs praktische Einblicke zu aktuellen Themen. Diesmal: Wie Unternehmen mit einem Energie- und Klimamanagement Kosten senken können.

Klimaschutz hat sich zum Megatrend des 21. Jahrhunderts entwickelt. Dies gilt insbesondere für Europa und die EU, die­ unter ­dem­ Leitmotiv ­des ­Green ­Deals ­eine ­neue ­Ära ­für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum einleitet. Im Mittelpunkt steht dabei das Ziel, bis zum Jahr 2050 Treibhausgasneutralität ­zu ­erreichen.­ Die­ Folgen ­sind­ neue­ Leitplanken für ­die ­gesamte ­Wirtschaft. Dazu­ zählen ­steigende ­Preise für Brennstoffe und Elektrizität sowie eine zunehmende Berichtspfl­icht­ über ­nachhaltige ­Wirtschaftsaktivitäten.­ In­ der Unternehmenspraxis ­bedeutet ­das ­einen ­fühlbaren Kostenanstieg, ­der ­durch ­pandemiebedingte ­Lieferengpässe­ und den ­Ukrainekonfl­ikt­ weiter strapaziert ­wird. ­Je ­nach ­Unternehmensbranche summieren sich die Energiekosten im Schnitt ­auf ­5 bis ­10 ­Prozent ­des ­Jahresumsatzes. ­Entsprechend ­schwerwiegend­ sind ­die ­massiven Preissteigerungen auf den Energiemärkten für Strom, Gas und Öl.

Das Energie- und Klimamanagement gewinnt damit für viele Unternehmen an Bedeutung. Es beinhaltet das Wissen über die Treibhausgasbilanz des Unternehmens und offenbart die zentralen Einsparpotenziale. Es dient als Ausgangspunkt, um die Beschaffungsstrategien etwa im Energiebezug zu optimieren, staatliche Kompensationen und Steuerentlastungen zu beanspruchen sowie gezielt in neue Produktionsanlagen zu investieren – bis hin zur Weiterentwicklung des Geschäftsmodells. Wer das hierfür notwendige Know-how nicht selbst im Unternehmen aufbauen möchte, greift auf eine Energieberatung zurück. Die gemeinsame Bestandsaufnahme und Konzeptentwicklung mit einem Energieberater wird mit bis zu 80 Prozent Förderzuschuss unterstützt. Darauf aufbauend lassen sich Effizienzmaßnahmen umsetzen, für die in vielen Fällen weitere Förderungen bezogen werden können.

Die Industrie und Handelskammern haben vielerorts Energieeffizienz- und Klimaschutz-Netzwerke gegründet, um Unternehmen auf dem Weg zur Klimaneutralität zu vernetzen und eine professionelle Beratung sicherzustellen. Das Netzwerk ETA-Plus Südhessen richtet sich beispielgebend ausschließlich an den Mittelstand, weil hier die Kapazitäten zum Aufbau einer unternehmensinternen Abteilung zumeist nicht vorhanden sind. In Zusammenarbeit mit dem Spin-Off ETA-Solutions GmbH der TU Darmstadt wurden so in der Vergangenheit Zahlreiche Projekte umgesetzt.

Aktuell wird mit der SPIR STAR® AG im südhessischen Rimbach ein gefördertes Energieaudit erstellt. Zwar wurden bereits auf dem Firmengelände die Dächer mit Solar ausgebaut, Geothermie etabliert, E-Ladesäulen errichtet und Erweiterungsflächen naturnah umgestaltet, aber erst mit dem Energie- und Klimakonzept können die Erfolge abgebildet und weitere Maßnahmen systematisch ergriffen werden. Ziel des Spezialisten für Höchstdruckschläuche ist es, den CO2 Ausstoßes bis 2030 um 55 Prozent zu reduzieren. Auf der Basis der Beratung kann dies bereits früher in greifbare Nähe rücken, weil Effizienzsteigerungen, eine gezielte Wärmerückgewinnung und eine optimierte Einbindung der regenerativen Energiequellen Einsparungen von 50 Prozent erwarten lassen. Das ist gut fürs Klima und die Wirtschaft. Eine Balance die auch in der Gesetzgebung immer wieder neu austariert werden muss.

Dr. Niclas Wenz verantwortet bei der IHK Darmstadt Rhein Main Neckar den Themenkomplex des Green Deal. Zuvor promovierte er an der TU Darmstadt im Kopernikus-Projekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zur Energiepolitik in Deutschland und Österreich. Er leitet die Geschäftsstelle der Wirtschaftsjunioren Darmstadt-Südhessen.