These times they are a-changin’

Was macht die Krise mit uns? Wir haben Menschen mit ganz unterschiedlichen Berufen und Hintergründen drei Fragen zu den Veränderungen in ihrem Leben gestellt.

Frage 1: Wie hat die Corona-Krise Ihren/Deinen Job verändert?                                 

Frage 2: Was war in der Krise plötzlich möglich, was vorher undenkbar war?     

Frage 3: Was gibt Ihnen/Dir Anlass zur Hoffnung?

Dorothee Bär, Staatsministerin für Digitalisierung und Preisträgerin „Freundin der jungen Wirtschaft“

© Bundesregierung/ Denzel

Mit wenigen Ausnahmen erledige ich fast alle Aufgaben ohne persönlich vor Ort zu sein und ohne den direkten persönlichen Kontakt. Damit dieses möglich wird, nutze ich natürlich, wie viele andere zurzeit in Deutschland auch, digitale Hilfsmittel. Hinzu kommt, dass ich mich als Mutter dreier schulpflichtiger Kinder um das Thema Home-Schooling kümmern muss. Aber auch mit dieser Herausforderung stehe ich ja nicht allein. 

Vieles! Home-Office, digitales Lernen, zügige Umsetzung von Digitalisierungsvorhaben. Die Krise hat gezeigt, dass eine verstärkte Nutzung digitaler Techniken funktioniert, wenn wir wollen oder besser, wenn wir hierzu keine Alternative haben. Die Bedenken wurden zugunsten neuer Möglichkeiten hinten angestellt.

Die vorgenannten, vielfältigen positiven Erfahrungen stimmen mich optimistisch, dass wir nun den großen Schwung und Rückenwind für die Digitalisierung beibehalten, dass wir den in Deutschland vorhandenen Innovationsgeist, die Kreativität und die vorhandene Expertise auch weiter stärker nutzen. Wir erleben täglich, was möglich ist, diese Art der Zusammenarbeit und kollektiver Ideen- und Lösungsentwicklung müssen wir uns auch für die Zeit nach der Krise unbedingt erhalten.

Corona war ein

Katalysator für

New Work.

Laura Jorde

Laura Jorde, WJD-Bundesgeschäftsführerin

© WJD/Stephanie von Becker

Corona war ein Katalysator für New Work und hat viele Veränderungsprozesse eingeleitet. Diese Prozesse gestalten müssen wir selbst, dafür braucht es viel Kommunikation und Vertrauen. Toll zu sehen, wie sich da sowohl der Bundesvorstand als auch das Team der Bundesgeschäftsstelle reingehängt haben. Die neuen Bedingungen haben auch ganz konkrete Auswirkungen auf die Verbandsarbeit: Kurzfristig haben wir gemeinsam mit dem Bundesvorstand die Jahresplanung angepasst, wobei das Verbandsleben durch digitale Formate und ganz neue digitale Produkte weitergeführt wird.

Mir macht es Spaß, gemeinsam mit meinem Team innovative Tools zu erproben und, wo sinnvoll, zu integrieren. In den letzten Wochen hat sich da in der Zusammenarbeit eine völlig neue Welt eröffnet – auch in der Zusammenarbeit mit dem Ehrenamt. So haben wir erstmals digitale Bundesvorstandssitzungen durchgeführt und auch die Delegiertenversammlung Ende Juni wird erstmals in der Geschichte der WJD digital stattfinden. Ein Meilenstein! 

Zu sehen, wie die Mitglieder in unserem Verband mit der Krise umgehen, gibt mir Hoffnung: Trotz der enormen wirtschaftlichen Zerreißprobe, in der sich viele befinden, wurden Aktionen gestartet, Produkte entwickelt und auch an die Azubis gedacht. Und der Zusammenhalt der Junioren ist vielversprechend.

Darüber hinaus zeichnen sich einige positive Entwicklungen durch den Anschub der digitalen Transformation ab. Das gilt für selbstorganisiertes Arbeiten sowie auch für wichtige gesellschaftliche Veränderungen. Hoffentlich ist diese Krise der Startpunkt für nachhaltige Digitalisierung und eine zeitgerechte Ausrichtung des Bildungswesens!  

Ellimaija Ahonen, CEO Learning Scoop & Lesson-App in Tampere, Finnland, und Vice President JCI, assigned to Austria, Belgium, Germany, The Netherlands, Switzerland

© privat

As an entrepreneur operating in the field of training and edutourism the Covid-19 reality hit us hard. All customers and orders vanished overnight as nobody could travel to Finland anymore nor our trainers could travel abroad. In my other company, which is a mobile technology start-up, things are not that bad as scalability and digital platforms are in the core of operations. In everyday life, Corona has isolated us from others. Remote work has been part of our working style earlier but now one could really sense the difference for example when doing the induction for a new team member only online without seeing her in person. I am still waiting for the first time to meet her live! 

Yes, definitely! For example, we were supposed to film material for online courses in a studio. When things changed our team members got the equipment home and set up the studios there and did the recording with little bit of technical support. 

Many things were crazy before the Corona time, like super hectic business culture, greediness, selfishness. I am happy to leave them in the “old world”. Hopefully, we all have learned something about ourselves and humanity in general. I am especially happy to see how innovative people are once they have got their creativity back after the first shock. I hope that the positive attitude, willingness to help each other and mentality to share best practices among business entities will last beyond Corona time. I am also happy to see that life goes on and there are new opportunities arising for my companies, too. Carpe diem!  

Mandy Pleikies, Hebamme, führt gemeinsam mit Katja Salatzki das Geburtshaus am Treptower Park, Berlin

© privat

Als Hebammen sind wir in einem sehr intimen, persönlichen Feld unterwegs. Was bei uns wirklich einschneidend war und das Gegenteil unserer normalen Praxis: Die Frauen mussten alleine zu Vorsorgeuntersuchungen kommen und bei Hausbesuchen im Wochenbett mussten wir in der ganz kritischen Phase sogar die Partner und Geschwisterkinder „aussperren“. Teilweise haben wir die dann per Videocall aus dem Nebenraum dazugeschaltet! Wir hatten im Geburtshaus noch mehr Anmeldungen als sonst, weil in vielen Kliniken die Partner nicht mehr bei der Geburt dabei sein durften. Die Frauen konnten wir gar nicht alle aufnehmen. Zudem waren wir ständig mit neuen Fragestellungen durch unser Hebammen-Team konfrontiert, auf die wir ad hoc gar keine Lösungen hatten. Eine ganze Weile sind wir im Blindflug gesteuert, weil das Gesundheitsamt uns keine eindeutigen Vorgaben machen konnte, wir Dinge aber sofort entscheiden mussten. Da hieß es dann: Wir machen das jetzt erstmal so – und zwei Tage später mussten wir nachjustieren. Und noch etwas: Lang geplante Notfall-Schulungen sind ausgefallen, die wir aber verpflichtend machen müssen. Leider kann uns keiner sagen, wann das wieder geht. 

Teamsitzungen als Videokonferenzen! Sogar Kolleginnen, die im Urlaub waren, haben sich spontan dazugeschaltet. Plus: Es waren alle pünktlich! Außerdem haben wir gelernt, kurze und effiziente Hausbesuche zu machen. Und Hausbesuche per Videocall. Das ist nichts, was wir in die Nach-Corona- Zeit mitnehmen werden – das ist nicht unsere Art zu arbeiten – aber wir wissen jetzt, dass das geht.

Ich hoffe, dass nach der Krise alle ein bisschen achtsamer mit sich und ihrer Umwelt sind. Mehr Toleranz, das wäre schön.  

René Fornol, Bundesvorsitzender der Junioren des Handwerks, Psychologischer Berater für die Wirtschaftspraxis, Handwerksmeister, Führungstrainer

© privat

Die persönliche Distanz zu Kollegen und Kunden ist deutlich spürbar. Gerade wenn man gewohnt ist, mit Menschen zu interagieren stellen, die gegenwärtig gebotenen Verhaltensregeln einen vor Herausforderungen.

Die Bereitschaft zu Telefon- und vor allem zu Videokonferenzen hat sich von heute auf morgen vollständig geändert. Die zuvor bei vielen vorherrschende Skepsis ist der Selbstverständlichkeit gewichen. Das ist gut so und wird unseren Arbeitsalltag langfristig verändern. 

Jede Krise birgt die Chance für ein Umdenken und Veränderung. Jedem von uns, aber auch uns als Gesellschaft stehen, mehr denn je die Türen für bewusste Änderungen offen. Der vernünftige und rücksichtsvolle Umgang nahezu aller Bürgerinnen und Bürger beweist, dass wir kein Volk von Egoisten sind. Wir achten aufeinander und rücken die zuvor fast schon selbstverständlich gewordenen Werte wie Gesundheit, Gleichberechtigung und Gemeinsinn wieder mehr in den Fokus unseres Bewusstseins. Ich wünsche mir sehr, dass diese Werte stärker als bisher unser gesellschaftliches Leben und die politische Kultur prägen.  

Aline Chirinian, Social Media and Digital Communications Consultant und JCI Lebanon National President

© privat

I had been working from home for a couple of months before Corona already, it didn‘t change that much but the working hours changed. Before, I would be contacted only during working hours, but since everyone is home, I would start getting inquiries on weekends/ after working hours. 

At the same time, because everyone is working from home, I was able to take on new projects on the side as well. Things in JCI have changed a lot because of the corona, a lot of our value was placed on meeting face-to-face and having projects implemented on the group, but we‘ve had to adapt all our activities to accommodate the current situation.

In Lebanon, many companies and organizations did not understand that employees could be productive and contribute while working from home, insisting that they come to the office from 9 am to 6 pm, even though all the work is done online and can be done at home. Now, being forced to work from home, they‘re seeing that it is not actually impossible and some are being more flexible with the working situation of employees.

At JCI, it was sometimes impossible to make sure every single person who had to be at a meeting to actually be in a meeting (especially on time), but since everything is online and everyone is at home, it has been very easy to schedule effective meetings. We‘ve actually become even more active than usual, between board meetings, team meetings, online workshops and talks, group meetings, and international dialogue! 

Emotions about professional and personal life keep going up and down during these challenging times, but remembering that „this too shall pass“ is comforting. Although life will change in some ways, we‘re not staying in this situation forever. Enjoying the perks (working in pjs) for now keeps the hope alive. 

The local presidents, board members, and members of JCI have adapted positively during these challenging times, and instead of giving up they keep pushing through and their motivation/ determination and creativity has kept my hope alive for JCI.  

Sonja Schniewindt, Ärztin in Weiterbildung für Innere Medizin und Anästhesie an einem Grund- und Regelversorger in Oberbayern, Beisitzerin im Landesvorstand des Marburger Bund Bayern und Mitglied im MB Sprecherrat Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung

© Marburger Bund Bayern

Zu Beginn stand eine große Unsicherheit im Raum. An welche Grenze werden wir stoßen? Müssen wir tatsächlich einmal entscheiden, wer an eine Beatmungsmaschine kommt und wer nicht? Dass oft Personal oder Lieferengpässe von Medikamenten limitierende Faktoren sein würden, hat im Krankenhaus niemanden überrascht. 

Neben den Vorbereitungen hat sich der Krankenhausalltag deutlich verändert. Visite-Teams wurden auf ein Minimum verkleinert, das OP-Programm startet später, um tagesaktuell reagieren zu können. Gleichzeitig ist der logistische Aufwand gestiegen. Das An- und Ablegen von Schutzkleidung ist zeitaufwendig und muss im Vorfeld gut überlegt sein, damit alle notwendigen Utensilien parat sind. 

Viele Dinge wurden beschleunigt. Besonders erfreulich fand ich, wie schnell digitale Fortbildungsformate online gingen. So wurden Symposien zur Online-Veranstaltung umgemodelt, Webinare abgehalten und Vorträge gestreamt. Auch haben Verlage Fachliteratur kostenfrei zur Verfügung gestellt. Zugang zu medizinischer Literatur darf aber nicht mit vorschneller Publikation unfertiger Arbeiten verwechselt werden. 

Auch das Angebot an Videosprechstunden oder der Vernetzung zwischen Kliniken ist deutlich größer geworden. Ich hoffe, dieser Schub bleibt auch nach Abflauen der (ersten) Corona-Welle erhalten. 

Ich arbeite seit 4,5 Jahren als Ärztin und in dieser Zeit ist unser Gesundheitssystem mehrfach an seine Grenze gestoßen. Covid-19 hat die Diskussion um die Leistungsfähigkeit in das Bewusstsein aller gebracht. Es ist jetzt an der Zeit, dass wir alle als Gesellschaft diskutieren, was uns dieses System Wert ist, welche Missstände existieren und wieviel Profit mit der Gesundheit eines jeden Einzelnen gemacht werden darf. Es braucht dringend eine grundlegende Reform des Gesundheitswesens mit angemessenen Arbeitsbedingungen, fairer Vergütung und guter Aus-, Fort- und Weiterbildung. „Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts“, wusste schon Arthur Schopenauer.