ESOP oder nicht ESOP?
Sind Mitarbeiter:innenbeteiligungsprogramme der heilige Gral für frische Talente für Startups?
von Madeleine Heuts
Ob ESOP oder VSOP – wer sich im Startup-Umfeld bewegt, der wird sicherlich mindestens eine diese Abkürzungen schon einmal gehört haben. Beide stehen für verschiedene Formen der Beteiligung von Mitarbeiter:innen am Unternehmen, um ihnen ein „Stück vom Kuchen“ abzugeben. Aber sind diese Beteiligungsprogramme wirklich so gut, wie sie es zu sein versprechen?
Zunächst einmal vorab: Ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm kann ein gutes zusätzliches finanzielles Incentive sein, um Talente anzuziehen und langfristig an das Unternehmen zu binden. Die rechtliche & steuerliche Situation in Deutschland ist dafür bisher jedoch noch nicht so weit ausgereift, wie dies in anderen Ländern der Fall ist. Insbesondere die Besteuerung derartiger Programme führt zur Zeit noch dazu, dass Mitarbeiter:innen schon beim Erhalt der Optionen Steuern zahlen müssen, obwohl noch gar kein „liquides“ Geld an sie ausgeschüttet wurde. Das ist ein erheblicher Nachteil, der momentan dazu führt, dass eher VSOPs, also Virtual Stock Option Plans, statt ESOPs verwendet werden. Damit ESOPs hier also vergleichbar attraktiv werden und den Effekt erfüllen, dass sich Mitarbeiter:innen besonders stark mit dem Unternehmen identifizieren, muss sich die Politik insbesondere dieser dry-income-Problematik widmen und sie beseitigen.
Schauen wir uns aber jetzt an, ob ein ESOP für Unternehmen wirklich der “heilige Gral” der Mitarbeiter:innenbindung ist.
Aus Unternehmensperspektive ist ein erheblicher Nachteil eines ESOPs vor allem der damit verbundene administrative Aufwand und die damit entstehenden Kosten, insbesondere die Verwaltung der Anteilszuteilung und Haltefristen. Die Komplexität der Kapitalstruktur wird je nach Art des ESOPs erheblich erhöht und sollte deshalb von Beginn an gut durchdacht sein. Dies zeigt, dass unbedingt von Anfang an in eine gute rechtliche Struktur eines ESOPs investiert werden sollte, um möglichst reibungslose Abläufe zu garantieren.
Gleichzeitig können negative Effekte im Rahmen des ESOPs nur vermieden werden, wenn sich die Mitarbeiter:innen der Tragweite und auch des Risikos bewusst sind. Möchte ein Unternehmen seine Mitarbeiter:innen also zusätzlich damit incentivieren, sollte unbedingt darüber aufgeklärt werden, dass die Optionen nicht zwingend baldigen Reichtum bedeuten, sondern sie vor allem starken Wertschwankungen unterliegen. Sollte der Aktienkurs und die Unternehmensbewertung sinken, so wirkt sich das auch direkt auf ihre Optionen aus. Insbesondere, wenn sie sich dazu entscheiden, ihr eigenes Vermögen mitzuinvestieren, steigt natürlich auch ihr Verlustrisiko. Auch Liquidationspräferenzen der Investor:innen haben einen starken Einfluss auf die Wirkung des ESOPs. Diese regeln, wer bei einem Exitereignis zuerst an der Gewinnausschüttung beteiligt wird. In der Regel haben Investor:innen dabei Vorrang vereinbart. Mitarbeiter:innen sollten deshalb ehrlich in den Prozess mit einbezogen und über den aktuellen Wert auf dem Laufenden gehalten werden. Nur, wenn im Unternehmen eine hohe Transparenz gewährt wird und sie einbezogen werden, können langfristig Frust und böse Überraschungen bei den Mitarbeiter:innen vermieden werden.
Madeleine Heuts ist Gründerin & CEO von RAKETENSTART, einem Rechtsberatungsunternehmen für Gründer:innen und KMU. raketenstart.de