Digitalisierung

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Der digitale Wandel ist in Deutschland im vollen Gange. Corona hat dies noch mehr beschleunigt und gezeigt, wo besonders Nachholbedarf ist und was alles plötzlich online möglich ist. Im zweiten Teil der Reihe „Nach der Krise: Neue Wege“ geht es daher um die Herausforderungen der Digitalisierung und darum, wie wir den digitalen Wandel umsetzen können. 

Nach der Krise: Neue Wege

Teil 2: Digitalisierung

Deutschland muss digitaler werden
Die Digitalisierung ist die dritte industrielle Revolution der Neuzeit – und sie schreitet rasant voran. Doch wie sie im Arbeitsalltag tatsächlich genutzt, gelebt und umgesetzt wird, ist sehr unterschiedlich. Während sich Digitalisierung in manchen Firmen auf die EDV beschränkt, gehören in anderen die automatische Steuerung und Wartung von Maschinen, die Vernetzung von Produktionsabläufen und neue datengetriebene Geschäftsmodelle zum Alltag. Spätestens mit Beginn der Corona-Krise wurde jedoch deutlich, dass niemand mehr um eine digitale Arbeitswelt herumkommt und dass Unternehmen, die noch nicht im vernetzten Zeitalter angekommen sind, zukünftig das Nachsehen haben werden. In Deutschland und international.

Die Pandemie und die damit einhergehenden Veränderungen können deshalb eine Chance sein. Denn sie haben dazu geführt, dass plötzlich Bereiche digitalisiert werden, die zuvor nur mit physischer Anwesenheit der Teilnehmer*innen denkbar waren: Aktiengesellschaften halten ihre Hauptversammlungen virtuell ab, Verwaltungen bieten Antragsverfahren online an und mittelständische Unternehmen organisieren den Kundenkontakt verstärkt digital. Auch eine simple Version der Mitgliederversammlung der Wirtschaftsjunioren Deutschland wurde in diesem Jahr in den virtuellen Raum verlagert. Und in so manchem Unternehmen, für das Remote Work zuvor ein Fremdwort war, haben die Mitarbeiter*innen erfolgreich vom heimischen PC aus gearbeitet. Siehe da: Es funktionierte so manches.
 

Herausforderung
in Blick auf die Zahlen verrät, dass digitales Arbeiten in Deutschland eigentlich alles andere als selbstverständlich ist. Im jährlichen Ranking des International Institute for Management Development (IMD), das die leistungsfähigsten Digitalökonomien bewertet, belegte Deutschland 2019 Platz 17. Zum Vergleich: alle skandinavischen Länder und Anrainerstaaten wie die Schweiz und Österreich landen in den Top Ten.

Hierzulande bestehen etwa in der öffentlichen Verwaltung sowie in älteren kleinen und mittleren Unternehmen oftmals Vorbehalte gegenüber einer digitalen Arbeitsweise. Prozesse werden noch in alten Strukturen gedacht oder sie werden eins zu eins ins Digitale übertragen, ohne dass dadurch ein Mehrwert entsteht. Auch fehlt bei vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das technische Know-how oder es gibt Bedenken bezüglich des Datenschutzes.

Doch selbst, wenn die Unternehmen intern gut aufgestellt sind, scheitern sie an dem unzureichend ausgebauten Netz. Die fehlende Infrastruktur – vor allem in ländlichen Regionen – macht digitales Arbeiten teilweise unmöglich. Entweder bricht die Verbindung ab oder größere Datenpakete können nicht versendet werden oder aber es funktioniert nicht, mehrere digitale Tools parallel zu verwenden. Ein schnelles, stabiles und neutrales Netz als Grundlage für die digitale Welt ist in Deutschland nicht vorhanden.
 

Vision
93 % der Wirtschaftsjunioren fordern eine größere Offenheit gegenüber der Digitalisierung. Hierfür braucht es ein branchenübergreifendes digitales Bewusstsein. Damit das funktioniert, müssen die Ministerien – unabhängig von ihrer inhaltlichen Ausrichtung – das Thema Digitalisierung konsequent mit vorantreiben, ausreichend Personal und Ressourcen zur Verfügung stellen und die eigene Arbeitsweise sowie -kultur digitalisieren. Auch sind sie dafür verantwortlich, das Thema Digitalisierung als selbstverständlichen Teil der Schul-, Aus- und Hochschulbildung zu fördern. Denn ein frühzeitiges Verständnis von Technologien baut Berührungsängste ab und schafft faire Bildungschancen.

Das Ganze funktioniert jedoch nur, wenn die technologische Basis in Form eines zuverlässigen und neutralen Netzes flächendeckend vorhanden ist und alle Datenpakete gleichberechtigt übertragen werden können.
 

Umsetzung
Damit Deutschland in Sachen Digitalisierung nicht abgehängt wird, sind Politik, Gesellschaft und Wirtschaft gleichermaßen gefragt. Digitale Geschäftsmodelle müssen stärker gefördert werden. Auch in der Öffentlichen Verwaltung, in mittelständischen Unternehmen oder sozialen Einrichtung muss konsequent digital gedacht werden.

Das kann jedoch nur funktionieren, wenn dieses Bewusstsein sowie das technologische Know-how frühzeitig und kontinuierlich vermittelt werden. Deshalb fordern die Wirtschaftsjunioren Deutschland, dass Lehrkräfte und Ausbilder*innen durch regelmäßige Fortbildungen so aufgestellt sind, dass sie das notwendige Wissen praxisnah weitergeben können. Zudem muss Programmiersprache neben Fremdsprachen selbstverständlich unterrichtet werden. Denn wer von Bildungschancen spricht, der kommt an der Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts nicht vorbei.

Neben der notwendigen Wissensvermittlung und dem lebenslangen Lernen in Unternehmen bedarf es für eine erfolgreiche Digitalisierung vor allem des Engagements von Seiten der Politik: Der flächendeckende Netzausbau ist unbedingt notwendig, damit Betriebe außerhalb der Großstädte nicht abgehängt werden. Er ist Voraussetzung für eine starke und funktionierende Wirtschaft im digitalen Zeitalter. Bürokratieabbau, etwa im Bereich e-Government, ist ebenso ein Muss wie europaweite einheitliche Standards und eine gemeinsame Rechtsentwicklung bei Datenschutz, Urheberrecht und digitalem Binnenmarkt. Nur so kann es gelingen, die dritte industrielle Revolution erfolgreich voranzubringen und mit der technischen Entwicklung des 21. Jahrhunderts Schritt zu halten.