Leipzig can wait
Das Bundesfinale 2020 ist abgesagt, doch bei Wirtschaftswissen im Wettbewerb steckt niemand wegen kleinen (oder größeren) Herausforderungen den Kopf in den Sand.
Schätzfrage: Welche Kantenlänge hätte ein Würfel aus allem Gold der Welt? Über Aufgaben wie diese zerbrechen sich Schülerinnen und Schüler der neunten Jahrgangsstufe allgemeinbildender Schulen jedes Jahr den Kopf. Neben kniffligen Schätzfragen wird bei Wirtschaftswissen im Wettbewerb, kurz WWW, Allgemeinwissen aus den Bereichen Wirtschaft und Politik per Multiple-Choice-Test abgefragt: Wofür steht das Kürzel GmbH? Was ist ein Oligopol? Mit welcher Währung wird in Ungarn bezahlt? Die Siegerinnen und Sieger der Vorrunden in den einzelnen Kreisen treten am Finalwochenende in einem zweiten Quiz gegeneinander an, davor und danach gibt es Programm und am Ende wird der schlauste Schüler oder die schlauste Schülerin Deutschlands gekürt.
Normalerweise. Denn dieses Jahr ist alles anders, dieses Jahr haben wir eine Pandemie, dieses Jahr flatten wir the curve und deshalb musste dieses Jahr auch das WWW- Bundesfinale in Leipzig ausfallen. Das ist nicht nur für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer schade, sondern auch für das Orga-Team, das viel Zeit und Kreativität in die Planung des Events gesteckt hat. Deswegen gleich mal eine positive Nachricht: Wenn alles gut geht und der Wettbewerb 2021 stattfinden kann, dann soll das Finale auf jeden Fall wieder nach Leipzig gehen. „Einen großen Teil des Programms können wir einfach mit ins nächste Jahr nehmen“, sagt Antje Dominiak aus dem Kreis Leipzig, die an der Organisation beteiligt war. Eine Tour durchs Stadion von RB Leipzig war geplant, ein Besuch beim MDR, ein Stadtrundgang mit einer Kabarettistin. „Uns war wichtig, dass die Jugendlichen Spaß haben an dem Wochenende.“ Und nicht nur die Jugend lichen: Die Kandidatinnen und Kandidaten können von je einem Junior oder einer Juniorin aus ihrem Kreis zum Wettbewerb begleitet werden.“ Ich würde mir wünschen, dass das noch viel mehr wahrgenommen wird”, sagt Antje Dominiak. Denn WWW sei nicht nur für die Schüler eine Chance zum Netzwerken, sondern auch für alle WJ-Mitglieder.
Lieber klein anfangen
Das sieht auch Catrin Miragall so, die eigentlich in diesem Jahr mit der Siegerin aus dem WJ-Kreis Regensburg zum Finale gefahren wäre. Auf ihre Initiative hin führte Regensburg den Wettbewerb in diesem Jahr zum ersten Mal durch – mit Erfolg, auch wenn es hier und da Startschwierigkeiten gab. „Drei Schulen hatten uns ihre Teilnahme zugesagt, eine ist dann kurzfristig wieder abgesprungen.“ Die Absage der dritten Schule sei zwar etwas ärgerlich gewesen, weil die Fragebögen schon gekauft waren, erzählt Catrin Miragall, grundsätzlich empfiehlt sie aber ohnehin, beim ersten Mal mit wenig Schulen anzufangen. So könne man den Arbeitsaufwand erstmal kennenlernen. Und noch ein Tipp: „Die besten Chancen, in den Schulen auf Interesse zu stoßen, hat man, wenn man direkt die Zuständigen für den Fachbereich Wirtschaft oder Politik anspricht. Da gibt es viel eher eine positive Rückmeldung, als wenn die Anfrage im Sekretariat oder bei der Schulleitung versandet.“
Auch aus einem weiteren Problem, dass in Regensburg auftrat, hat Catrin Miragall gelernt: In letzter Minute ist dem Kreis der Sponsor für die Vorrunden-Preise abgesprungen, der zum Glück schnell ersetzt werden konnte. „Beim nächsten Mal würde ich mich aber nicht auf eine mündliche Zusage verlassen, sondern immer alles schriftlich festhalten.“ Beim nächsten Mal? Klar: „Wenn WWW 2021 wieder stattfinden kann, sind wir auf jeden Fall dabei.“
Wirtschaftsthemen, aber mit Spaß
Gleiches gilt sicher auch für Roland Walta aus dem Kreis Westerwald-Lahn. Im Gespräch mit ihm ist die Begeisterung für das Projekt WWW deutlich zu spüren. 2019 richtete sein Kreis das Finale aus. „Man kann da richtig kreativ werden”, sagt er und erzählt zum Beispiel vom Casino-Abend, den die Schülerinnen und Schüler des Raiffeisen Campus, dem Veranstaltungsort des Finales, für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer 2019 organisiert hatten. „Nicht alle Neuntklässler sind schon locker genug für Disko, aber das Casino kam richtig gut an.” Nachdem Roland Walta 2018 in Zwickau zum ersten Mal selbst bei einem WWW-Finale dabei war, setzte er sich dafür ein, das nächste Finalwochenende in seinem Kreis ausrichten zu dürfen. „Der Wettbewerb ist eine gute Möglichkeit, Jugendlichen mit Spaß die Wirtschaftswelt näher zu bringen und so vielleicht auch dem Fachkräftemangel etwas entgegenzusetzen. Der betrifft uns schließlich alle.”
Zudem sei das Finale auch eine gute Gelegenheit für die Region, sich als Wirtschaftsstandort zu präsentieren. Denn Teil des Programms sind immer auch Besuche in ansässigen Betrieben. Während des Finalwochenendes in Montabaur durften die Schüler in mittelständische Unternehmen wie dem Keramikhersteller Hörter, aber auch ins Aldi-Zentrallager reinschnuppern. Dass die Presse gerne über das Event berichtet, sei ein zusätzlicher Pluspunkt, sagt Roland Walta.
Sponsoren sind auch unter den WJ-Mitgliedern zu finden
Um die Ausrichtung des Finales bewerben kann sich jeder Kreis beim Bundesvorstand – mit einem Motivationsschreiben, einem kurzen Exposé zur Gestaltung des Wochenendes und natürlich einer Kostenaufstellung. Apropos Kosten: Es gibt einen Zuschuss von den Wirtschaftsjunioren Deutschland, der Rest muss über Sponsoren finanziert werden. Im Kreis Leipzig konnten hier vor allem die anderen Mitglieder aushelfen, nicht nur mit Geld, sondern auch mit Sachspenden. So wären die Räumlichkeiten der wunderbar beispielsweise vom WJ-Mitglied Raphael Mis gestellt worden – und das wird auch im nächsten Jahr so sein, wenn das Finale hoffentlich wieder stattfinden wird.
Den Fragebogen für das Final-Quiz wird das Planungs-Team aus Leipzig wahrscheinlich für 2021 ein bisschen anpassen, schätzt Antje Dominiak. Die aktuelle Wirtschaftslage bietet sich schließlich dafür an, noch einmal ganz andere Fragen zu stellen. Ach, und übrigens: Die Kantenlänge eines Würfels aus allem Gold der Welt würde ca. 21 Meter betragen.