Inside KHT

Beim 25. Know-how-Transfer (KHT) mit dem Deutschen Bundestag schnupperten mehr als 200 Wirtschaftsjuniorinnen und -junioren eine Woche lang politische Luft in der Hauptstadt. Unter ihnen die Juniorin Marlen Wehner, die die Abgeordnete Nicole Bauer begleitet hat. Einblicke in eine intensive Woche zwischen  Ausschussarbeit, Austausch und Abendterminen. 

© WJD/Jana Legler

Um kurz nach neun wurde es plötzlich laut im Hof der Kalkscheune: Billy Burrito mischten die entspannt plaudernden Gäste des KHT-Abschlussabends mit Saxofon, Tuba und Percussion-Instrumenten auf. Die vierköpfige mobile Band brachte die richtige Stimmung mit, um den 25. Know-how- Transfer würdig und rauschend zu  beschließen. Mittendrin im Trubel: Marlen Wehner, Landesvorsitzende der bayerischen Wirtschaftsjunioren, und Nicole Bauer, Wirtschaftsingenieurin und Bundestagsabgeordnete. Marlen hat Junge Wirtschaft die FDP-Politikerin in der KHT-Woche begleitet. Die größte Erkenntnis? „Wie stressig dieser Abgeordneten-Job doch ist. Die Tage sind häufig so eng gestrickt, dass kaum Zeit für Prozesse bleibt – und auch nicht für Reflexion oder Strategien. Das sind Dinge, die in einem Unternehmen einfach unerlässlich sind. Die ganze Woche besteht aus dem, was wir die ‚unsäglichen Jour Fixe‘ nennen.“

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Es geht darum, voneinander zu lernen

Marlen ist neben ihrem Hauptberuf als Product Marketing Managerin in einem Fachkommunikationshaus auch selbstständig als Trainerin für Kommunikationsthemen tätig. Und so hat sie dann auch zum Abschluss der Woche viele Dinge, die ihr aufgefallen sind, mit ihrer Abgeordneten reflektiert. Beide haben zusammen Ideen entwickelt, wie etwa die Zusammenarbeit der Abgeordneten mit ihrem Team besser werden kann. „Sie ist ein Optimierungsmensch – so wie ich“, sagt Marlen und strahlt. Sie und ihre Abgeordnete haben sich gesucht und gefunden. Tatsächlich ist Marlen bei der Wahl ihrer Abgeordneten sehr strategisch vorgegangen. „Ich habe mich hingesetzt und das Abgeordnetenverzeichnis durchgearbeitet. Immer mit der Frage im Kopf: Wie stelle ich mir den Menschen vor, von dem ich lernen könnte?“

Gefunden hat sie Nicole Bauer: „Eine junge Frau, die ich spannend finde, aus einer Partei, die ich spannend finde und dann auch noch frauenpolitische Sprecherin. Da habe ich direkt viele Anknüpfungspunkte gefunden“. Bei der Herausforderung, ihre Wunschkandidatin für sich zu gewinnen, habe ihr auch ihr Amt geholfen, glaubt Marlen:„Man ist ja als Landesvorsitzende auch ein Sprachrohr in die Kreise hinein.“ Nicole Bauer sieht Marlens Position bei den Wirtschaftsjunioren vor allem als Gemeinsamkeit: „Marlen macht im Verband eigentlich das Gleiche wie ich im Deutschen Bundestag: Wir vertreten die Interessen unseres Verbandes beziehungsweise unsere Partei. Wir sind uns sowieso in vielen Dingen ähnlich: wir setzen auf Teamwork und das am besten in gemischten Teams, wir wollen junge Talente fördern und selbst Vorbild sein und wir wissen, wie wichtig es ist, ein gutes Netzwerk zu haben und zu pflegen – deshalb werden wir auch in Kontakt bleiben. Denn trotz der zahlreichen Gemeinsamkeiten konnten wir auch viel voneinander lernen in dieser Woche.“

Marlen Wehner

KHT-Teilnehmerin und Landesvorsitzende Bayern

Wie stressig dieser Abgeordneten-Job doch ist. Die Tage sind häufig so eng gestrickt, dass kaum Zeit für Prozesse bleibt – und auch nicht für Reflexion oder Strategien. Das sind Dinge, die in einem Unternehmen einfach unerlässlich sind.

KHT: Eine klassische Win-Win-Situation

Nicole Bauer hat bereits zum zweiten Mal am KHT teilgenommen und bezeichnet sich selbst als großen Fan: „Es ist für beide Seiten eine Bereicherung, so nehme ich das wahr: die Wirtschaftsjunioren erhalten einen Einblick in den Arbeitsalltag eines Bundestagsmitglieds, in parlamentarische Prozesse und politische Arbeitsweisen. Wir Abgeordnete profitieren von der direkten Rückkoppelung mit den Jungunternehmern: Welche Auswirkungen haben unsere politischen Entscheidungen auf den Mittelstand, auf Familienunternehmen, auf Gründer? Wo können wir Bürokratie abbauen und Unternehmertum fördern? Und wie kann die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch als Selbstständiger gelingen? Denn die Zeit ist leider meistens knapp. Das merken auch wir, nutzen aber die wenige, die wir haben, intensiv.“ Die Chance zum Austausch haben in diesem Jahr wieder mehr als 200 Wirtschaftsjuniorinnen und -junioren genutzt. Sie haben ihre Abgeordneten in der Sitzungswoche vom 13. bis zum 17. Mai begleitet: zu Veranstaltungen, in die Ausschüsse, bei Terminen mit Unternehmen oder Bürgern. Dazu gab es ein umfassendes Rahmenprogramm, angefangen bei der Auftaktveranstaltung im Allianz Forum, bei der nicht nur der WJD-Bundesvorsitzende Florian Gloßner und der Stellvertretende Hauptgeschäftsführer des DIHK, Dr. Achim Dercks, in die KHT-Woche einführten. Auch der Bundestagsabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff (FDP) als Keynote-Speaker und die Staatsministerin für Digitalisierung Dorothee Bär (CSU) hießen die Wirtschaftsjuniorinnen und -junioren im politischen Berlin willkommen.

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Freundin der Jungen Wirtschaft findet Mitstreiter für die Digitalisierung

Dorothee Bär kam dabei eine besondere Ehre zu Teil: Sie wurde als erste Preisträgerin als „Freundin der Jungen Wirtschaft“ ausgezeichnet. „Ich habe in den Wirtschaftsjunioren einen verlässlichen Partner, der die digitalen Themen mit großer Begeisterung und Leidenschaft voranbringt. Nicht, weil es alternativlos ist, sondern weil man es gerne macht und weil Digitalisierung für uns etwas ist, das unser Leben wirklich verbessert“, so Dorothee Bär in ihrer Dankesrede. Sofern sie sich noch etwas wünschen dürfe, so Bär, sei dies folgendes: „Die Wirtschaftsjunioren müssen nicht immer ganz so höflich sein. Manche Bedenkenträger brauchen hin und wieder einen Tritt in den Hintern! Ich wünsche mir Euch als Mitstreiter, die die Digitalisierung aktiv mit vorleben. Ich weiß Euch an meiner Seite – an der Seite derjenigen, die an die Zukunft glauben.“

Neben einem starken Eintreten für mehr digitales Denken standen auch die Wettbewerbsbedingungen in Deutschland, Initiativen für mehr Gründergeist und eine progressive Europapolitik im Fokus der diesjährigen Forderungen zum KHT – der auch unter dem Hashtag #kht19 von vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern aktiv in den Sozialen Medien begleitet wurde. Die Positionen der Wirtschaftsjunioren konnten unter anderem bei Veranstaltungen mit den Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen, Ralph Brinkhaus, Christian Lindner und Katrin Göring-Eckardt diskutiert werden, aber auch mit den Jungen Gruppen der FDP und CDU/CSU sowie jungen Abgeordneten der SPD. Alle im Bundestag vertretenen Fraktionen standen während der KHT-Woche für Gespräche zur Verfügung. Dabei bekamen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Chance, prominente Räumlichkeiten wie die Parlamentarische Gesellschaft einmal von innen zu sehen.

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Das „Kanzlerinfoto“: Beweisstück der KHT-Teilnahme

Das unbestrittene Highlight der KHT-Woche war aber, wie schon in den Jahren zuvor, der Fototermin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Das „Kanzlerinfoto“ genannte Bild ist für viele Juniorinnen und Junioren das KHT-Souvenir schlechthin. Knapp dahinter jedoch dürfte im Ranking der Höhepunkte bei einigen jedoch auch der bereits erwähnte Abschlussabend in der Kalkscheune stehen: die Band, das Essen, die Stimmung – eines 25. Geburtstags würdig. Holger Salmen (WJ Magdeburg) führte beschwingt durch den Abend, der stellvertretende WJD-Bundesvorsitzende und Leiter des AK Politik, Sebastian Döberl, eröffnete und Carsten Linnemann, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU und stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU Bundestagsfraktion, sprach ein energisches Grußwort. „Wir müssen nicht chinesischer werden, sondern wettbewerbsfähiger!“ rief er den anwesenden Juniorinnen und Junioren und ihren Gästen zu.

Möglich wurde der Abschlussabend durch einen Zuschuss der Länder: Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen, das Saarland, Hessen, Sachsen-Anhalt, Berlin-Brandenburg und Rheinland-Pfalz machten den Jubiläums-Abschlussabend am Donnerstag für knapp 250 Gäste möglich. Auch Marlen Wehner und Nicole Bauer ließen hier nochmal ihre gemeinsame Woche Revue passieren. Für Marlen war ein Highlight die Parlamentsdebatte zu siebzig Jahren Grundgesetz: „Das war ein interessanter Gegenpol zu der Arbeit in den Ausschüssen: Da ist mir erst so richtig klar geworden, dass das, was man in den Medien immer sieht, eigentlich nur der Show-Teil des Ganzen ist. Die Arbeit findet woanders statt.“

Viele Learnings und jede Menge Arbeit

Kann sie sich nach der Woche KHT vorstellen, selbst in die Politik zu gehen? „Das ist für mich vor allem eine Vereinbarkeitsfrage mit dem Privatleben und dem  familiären Umfeld. Wir reden hier von einer 80-Stunden-Woche als Standard, selbst für ‚Hinterbänkler‘. Das ist schon eine Wahnsinnsaufgabe und eine ziemlich große Verantwortung, die die Abgeordneten da übernehmen.“ Und umgekehrt, was hat die Politikerin von der Juniorin gelernt? „Von Marlen nehme ich viele Themen aus dem Marketing-Bereich mit, die meiner Meinung nach in Zukunft immer wichtiger werden: Personal Branding zum Beispiel. Wie bin ich und wie werde ich wahrgenommen? Wie entwickle ich mich und wie werde ich wahrgenommen, passt das überhaupt zu mir?“ Klar ist für beide: Sie wollen in Kontakt bleiben. Und die Arbeit ist noch nicht getan, sagt Marlen: „Der KHT ist kein Urlaub. Das ist eine Woche, die man verdauen muss, die man nachhalten muss. Ohne das Wort überstrapazieren zu wollen, die KHT-Woche ist für mich eins der lebensverändernden Ereignisse.“