Umweltschutz – Chancen für unsere Wirtschaft
In der Reihe „Jetzt mal konkret!“ geben die Kreisgeschäftsführerinnen und Kreisgeschäftsführer aus den IHKs praktische Einblicke zu aktuellen Themen. Diesmal beantwortet Torben Kokott von der Oldenburgischen IHK die Frage: Wie unterstützt die IHK in Sachen Umweltschutz?
von Torben Kokott
Der Schutz des Klimas und die Anpassung an den Klimawandel ist die zentrale Zukunftsaufgabe. Die Wirtschaft leistet dabei ihren Beitrag durch Innovationen bei Produkten, Dienstleistungen und in der Produktion. Sie hat durch vielfältige Initiativen und Projekte gezeigt, dass sie die erforderlichen Veränderungsprozesse für einen verstärkten Klimaschutz konstruktiv unterstützt. Klimaschutz, Wirtschaftswachstum und Wohlstand schließen sich nicht aus, sondern bedingen sich auf lange Sicht.
Klimaschutz bedeutet für die Wirtschaft viele neue Anforderungen, gesetzliche Vorgaben, Mehrkosten und veränderte Prozesse. Insgesamt erfordert die Reduktion des CO2-Ausstoßes von der Wirtschaft erhebliche Anstrengungen, zumal die nationalen und internationalen Ziele schon in zeitlicher Hinsicht ambitioniert sind. Die Entwicklung klimaneutraler Produkte und Prozesse eröffnet den Unternehmen zugleich das Potenzial, neue Märkte zu erschließen und die eigene Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu stärken. Diese Chancen gilt es zu ergreifen.
Großprojekt der EU: Green Deal
Ein großes Projekt ist der European Green Deal, mit dem die EU eine Vorreiterrolle für Klimaschutz und Nachhaltigkeit im wirtschaftlichen Handeln einnehmen will. Er wirkt sich auf viele Sektoren der Wirtschaft in Europa aus und bringt damit einen erhöhten Informationsbedarf mit sich.
Dabei wird nachhaltiges Wirtschaften bereits von einigen Unternehmen politisch eingefordert. Und mit der EU-Taxonomie steht ein Instrument vor der Haustür, dass die Kapitalströme hin zu nachhaltigen Investitionen lenken soll. Über die rechtlichen Vorschriften hinaus gilt in der Praxis: Banken und die aktuell bereits berichtspflichtigen Unternehmen reichen die an sie gestellten Anforderungen auch an ihre Kunden, beziehungsweise Zulieferer, weiter. Denn um Kennzahlen berechnen oder die eigene Taxonomie-Konformität umfassend beurteilen zu können, benötigen sie deren Daten. Das ist ein hoch komplexes Unterfangen – und wird sich unter anderem auch auf die Kreditvergabe auswirken. Die EU-Taxonomie dürfte also für Betriebe aller Größenkategorien einen erheblichen Aufwand mit sich bringen. Auch kleine und mittlere Unternehmen werden immer öfter Daten zur eigenen Nachhaltigkeit vorlegen müssen und sind gut beraten, sich möglichst frühzeitig mit der eigenen Klima- und Umweltbilanz zu beschäftigen. Dementsprechend werden alle Unternehmen unmittelbar oder mittelbar von den Auswirkungen dieser neuen Ausrichtung betroffen sein.
Insgesamt ist die Betroffenheit sehr unterschiedlich. Unternehmen aus ressourcen- und energieintensiven Sektoren stehen vor einer gewaltigen Transformationsaufgabe. GreenTec-Firmen oder Anbieter von Umwelt- oder Energiedienstleistungen können dagegen stark vom Green Deal profitieren. Wichtig ist, sich schon jetzt einen Überblick zu verschaffen, welche Anforderungen in den kommenden Jahren auf das eigene Unternehmen zukommen. Nur so kann man die Zukunftsfähigkeit des eigenen Geschäftsmodells beurteilen.
Unsere Rolle als IHKs und meine Rolle als Berater
Und genau hier setzt einer unserer Punkte für die tägliche Arbeit an: Die Unternehmen frühzeitig auf zukünftige Änderungen aufmerksam machen, über Chancen und Risiken informieren und eine breite Sensibilität für die Thematik schaffen.
Im Unterschied zu so großen EU-Projekten kommen (Ver-)Änderungen in einzelnen Gesetzen wesentlich schneller. Eine der größten Neuerungen war 2019 das Verpackungsgesetz, dass die Verpackungsverordnung aus 1992 ablöste. Waren vor 2019 rund 57.000 Unternehmen im Register für die Vollständigkeitserklärung gemeldet, sollten von der Änderung ca. 720.000 Unternehmen betroffen sein. Diese Veränderung bedeutete damals und auch heute noch viel Informationsbedarf. Die IHKs waren Anlaufstelle Nr. 1 für die Unternehmen.
Für mich bedeutete das 2019, drei Monate lang täglich Firmen nur zu einem Thema zu beraten, Informationsveranstaltungen anzubieten und die Unternehmen in die Thematik zu führen, da die neu gegründete Behörde lediglich einen technischen Support anbot. Seitdem gibt es zwei Mal jährlich Anpassungen, Neuerungen und Ausweitungen des Gesetzes, sodass immer wieder neue Fragen aufkommen. Hier zeigt sich eine der Stärken der IHK-Organisation: Über die DIHK sind wir super vernetzt, tauschen uns wöchentlich zu Gesetzesfragen aus und finden in der Organisation so gut wie immer eine passende Antwort auf die vielfältigen Anfragen.
Dieser kleine Eindruck zeigt bereits das breite Spektrum im Bereich Umwelt- und Klimaschutz, mit dem sich Unternehmen in ihrem täglichen Wirtschaften konfrontiert sehen.
Firmen tauschen Erfahrungen aus
Bei der Oldenburgischen IHK haben wir bereits 1990 den Erfahrungsaustauschkreis Umweltschutz gegründet. Dessen Mitglieder haben auf verschiedenste Weise etwas mit dem Thema zu tun, sei es als Umweltmanagementbeauftragter in Unternehmen ganz unterschiedlicher Branchen oder als Dienstleister. Bei drei Sitzungen im Jahr werden Themen aus dem Arbeitsalltag diskutiert, meistens mit Impulsen aus dem eigenen Kreis, denn das Know-how ist riesig. Gemeinsam erarbeiten wir Lösungsmöglichkeiten. Wie gut dieser Kreis funktioniert, hat sich während der Corona-Pandemie gezeigt: Denn Umweltschutzbeauftragte sind oftmals auch für Arbeitsschutz zuständig. Kurzerhand haben wir im Kreis die Themen umgestellt und gemeinsam Arbeitssicherheitskonzepte erarbeitet, die den Corona-Arbeitsschutzrichtlinien gerecht wurden.
Wirtschaft und Naturschutz
Neben Informationen zu regulatorischen Anforderungen spielt im Bereich Umwelt auch die Vermittlung eine entscheidende Rolle meiner IHK-Tätigkeit, da Umweltschutz im Konflikt zu wirtschaftlichem Handeln stehen kann. So zum Beispiel bei der Ausweisung von Naturschutzgebieten. Bei uns kam zum Beispiel 2019 ein Bescheid auf den Tisch, mit dem der schiffbare Fluss Hunte und damit die Wasserfläche im Hafen Oldenburgs zum Naturschutzgebiet erklärt werden sollte. Das hätte einen massiven Einschnitt in das wirtschaftliche Handeln und mögliche Erweiterungen der Betriebe bedeutet. Wir konnten die Unternehmen darauf aufmerksam machen. Gemeinsam mit der Wirtschaft wurde im Dialog mit den Behörden das Naturschutzgebiet abgewendet und nur ein Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen. Aus unserer Sicht eine sachgerechte Entscheidung, also eine, die Wirtschaft und Naturschutz gerecht wird.
Das Themenfeld Umwelt ist in der IHK ein sehr weit gefasster Bereich, der ständig im Wandel ist, aber oftmals im Schatten der Energiethemen steht, jetzt mehr denn je.
Torben Kokott ist Referent Energie und Umwelt bei der Oldenburgischen IHK und leitet dort unter anderem den Erfahrungsaustauschkreis Umweltschutz. Außerdem ist er Geschäftsführer der Wirtschaftsjunioren Oldenburg.