Mehr als dringend: Sanierung und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur
Die Verkehrswege in Deutschland sind in einem schlechten Zustand: Engpässe, marode Bauwerke und veraltete Technik bestimmen das Bild. Für die Wirtschaft hierzulande wird dies immer mehr zum Problem, denn ein leistungsfähiges Verkehrssystem ist in einer hochentwickelten, arbeitsteiligen Volkswirtschaft und mobilen Gesellschaft unverzichtbar.
Im Zuge des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Verkehrsnetze in Deutschland modernisiert und ausgebaut. Sie waren damit über Jahrzehnte ein Pluspunkt für den Standort und leisteten einen wichtigen Beitrag zum Wachstum der Wirtschaft. Zunächst schleichend und später immer offensichtlicher wurden die Verkehrswege allerdings zum Standorthemmnis. Ein Ausbau angesichts der wachsenden Nachfrage nach Mobilität erfolgte nur noch unzureichend.
Verkehrsnetze: Vom Unterstützer des Wirtschaftswunders zum Standortnachteil
Bereits 2009 wies die DIHK in einem „Stauatlas“ auf den Ausbaubedarf auf 1.000 Kilometern des Autobahnnetzes hin. Auch 16 Jahre später stehen viele Pendler:innen und Logistikunternehmen täglich im Stau. Erschwerend kommt hinzu, dass die Engpassbeseitigung allein nicht mehr ausreicht: Da immer mehr ältere Verkehrsbauten das Ende ihrer Nutzungsdauer erreichen, braucht es erhebliche Mittel allein für den Erhalt des Status quo. So werden allein für die 400 jährlich zu modernisierenden Autobahnbrücken 1,4 Milliarden Euro veranschlagt.
Mehr Tempo bei Sanierung und Ausbau nötig
Damit die Verkehrsinfrastruktur zügig wieder einen guten Zustand erreichen kann, bedarf es entsprechender Investitionen. Die im Haushaltsentwurf 2025 vorgesehenen 28,6 Milliarden Euro für die Bundesverkehrswege reichen dafür nicht aus. Nach DIHK-Schätzung ist eine Erhöhung der Investitionsmittel auf mindestens 32 Milliarden Euro nötig – samt Anpassung an die Preisentwicklung für Bauprojekte in den Folgejahren. Eine mehrjährige Finanzierungsperspektive ist wichtig, um den Wechsel vom „Bauen nach Kassenlage“ hin zu einer langfristigen und glaubwürdigen Strategie zu ermöglichen. Dies würde auch den Aufbau zusätzlicher Kapazitäten bei Infrastrukturunternehmen, in der Bauindustrie und in Ingenieurbüros erleichtern. Mehr Geld, mehr Fachkräfte und mehr technisches Gerät allein reichen aber nicht aus. Trotz der inzwischen vier Gesetze zur Planungsbeschleunigung braucht Deutschland weiterhin länger für Bauprojekte als andere Länder. So gilt es hierzulande als großer Erfolg, dass der Ersatz der Rahmedetalbrücke in weniger als fünf statt der geplanten acht Jahre erfolgen soll. Der Ersatz der Morandibrücke in Genua wurde allerdings in nur zwei Jahren umgesetzt – diese Geschwindigkeit sollte als Richtwert für Deutschland gelten. Planungs- und Genehmigungsverfahren müssen dazu nach der Bundestagswahl daher deutlich beschleunigt werden.
Weichen richtig stellen beim neuen Bundesverkehrswege- und Mobilitätsplan
In die falsche Richtung wirken auch Debatten darüber, wie viel Verkehr verlagert oder vermieden werden sollte. Aus aktueller Perspektive nimmt die Nachfrage nach Mobilität weiter zu. In seiner Langfristprognose erwartet das Bundesverkehrsministerium für den Zeitraum 2019 bis 2051 eine Zunahme der Verkehrsleistung um 13 Prozent im Personenverkehr und sogar um 46 Prozent im Güterverkehr. Deshalb braucht es Investitionen in Straßen, Schienen und Wasserwege gleichermaßen. Zusätzliche Kapazitäten bei allen Verkehrsträgern haben höchste Priorität – so muss das Motto des neuen Bundesverkehrswege- und Mobilitätsplans (BVMP) 2040 lauten. Das bereitet der neuen Bundesregierung auch keine Konflikte mit Klimaschutzzielen, denn bis 2045 sollen alle Verkehrsträger klima-neutral sein.
Der Beitrag ist zuerst auf www.dihk.de erschienen.
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