Die US-Wahl und deren Folgen für die deutsche Wirtschaft

Die Wiederwahl von Donald Trump zum US-Präsidenten wirft neue Fragen zur wirtschaftspolitischen Ausrichtung der Vereinigten Staaten auf. Mit Schlagworten wie „Make America Great Again“ sind Diskussionen über Strafzölle, Steuererleichterungen und einen möglichen Handelskonflikt mit China verbunden. Melanie Vogelbach, Expertin für internationale Wirtschaftspolitik und Außenwirtschaftsrecht bei der DIHK, beleuchtet in einem Gespräch die potenziellen Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft und ihr Wachstum.

Junge Wirtschaft: Wie steht es um die transatlantische Wirtschaftsbeziehung zwischen Deutschland und den USA am Ende von Bidens Amtszeit?

Melanie: Die USA sind Deutschlands wichtigster Exportmarkt und werden in diesem Jahr, gemessen am Handelsvolumen, wohl auch unser wichtigster Handelspartner weltweit sein – noch vor China. Wirtschaftspolitische Entwicklungen in den USA spielen deshalb eine zentrale Rolle für unsere Unternehmen hierzulande, aber auch weltweit.

Deutsche Unternehmen haben in den letzten Jahren ihre Investitionen in den USA ausgeweitet, da sie dort attraktive Standort- und Produktionsbedingungen vorfinden. Sie schätzen insbesondere die Größe des Marktes, das Konsumklima sowie die Innovationsfreude im Land. Für Direktinvestitionen deutscher Unternehmen, gerade im verarbeitenden Gewerbe, sind die USA der wichtigste Zielmarkt außerhalb der EU.

Was wissen wir über Donald Trumps Wirtschaftspläne für seine zweite Amtszeit?

Im Fokus von Trumps Wirtschaftspolitik stehen Steuersenkungen und neue Zollerhebungen gegen ausländische Güter. Er plädiert für Steuersenkungen für Unternehmen von derzeit 21 auf 20 oder gar 15 Prozent, um Unternehmen zu entlasten sowie Ansiedlungen zu fördern. Dadurch könnte die US-Konjunktur angekurbelt werden, was auch mehr Aufträge für unsere Betriebe bedeuten könnte. Gleichzeitig könnte die Maßnahme auch den Anreiz verstärken, mehr in den USA zu investieren – möglicherweise zulasten deutscher Standorte.

Mit Sorge blicken unsere Unternehmen aber auf Donald Trumps Pläne, einen Zollgrundtarif von 10 oder sogar 20 Prozent auf Importe in die Vereinigten Staaten einzuführen. Das würde deutsche Exportgüter vor Ort verteuern. Deutsche Betriebe müssten sich dann auf sinkende Nachfrage und geringere Margen einstellen, sofern sie nicht in den USA produzieren oder die Preise an die Verbraucher weitergeben können. Zudem hat er im November Zölle von 25 Prozent auf Importe der US-Nachbarn Mexiko und Kanada angekündigt, die auch deutsche Zulieferer betreffen.

Der angekündigte harte Kurs gegenüber China ist ebenso beunruhigend. Der von Trump gegen China geplante Generalimportzoll von 60 Prozent und sogar 200 Prozent auf chinesische Pkw birgt das Risiko, dass sich der Handelskonflikt zwischen den beiden Supermächten weiter zuspitzt. Unsere Unternehmen, für die beide Märkte von höchster Bedeutung sind, könnten ins Kreuzfeuer geraten. Denn unsere Lieferketten sind mit beiden Märkten sehr eng verflochten und ein hoher amerikanischer Zollsatz gegen chinesische Waren hätte auch direkte Auswirkungen auf deutsche Exportgüter nach China, die oft als Vorprodukte zum Tragen kommen.

Wie werden sie sich auf die deutsche Wirtschaft auswirken?

Die Unsicherheit bezüglich der wirtschaftspolitischen Ausrichtung der neuen US-Regierung bereitet unseren Unternehmen in den USA Sorgen: Laut einer Umfrage, die wir kurz vor der Wahl zusammen mit den deutschen Auslandshandelskammern in den USA durchgeführt haben, sieht fast die Hälfte der deutschen Unternehmen vor Ort ein zunehmendes Geschäftsrisiko in den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Die Unternehmen äußern ihre Befürchtungen vor allem bei zunehmenden Handelsbarrieren (21 Prozent) und Störungen in den Lieferketten (33 Prozent). Im Vergleich zur Umfrage vor einem Jahr haben sich diese Werte fast verdoppelt.

Die Einführung eines Grundzolltarifs sowie ein verschärfter Handelskonflikt zwischen unseren beiden wichtigsten Handelspartnern wäre eine enorme Belastung für unser internationales Geschäft, das ohnehin unter schwierigen Bedingungen leidet. Sollten die Zölle wie angekündigt kommen, könnten laut einer Simulation des ifo Instituts mit Econ-Pol die deutschen Exporte in die USA um 15 Prozent, nach China um 10 Prozent sinken. Um die Zölle zu umgehen, könnten mehr Unternehmen ihre Produktion in die USA verlagern und wichtige Investitionen aus Deutschland abziehen.

Andererseits gewinnt der US-Mark für unsere Unternehmen weiter an Attraktivität. Denn nicht nur amerikanische, sondern auch deutsche Firmen mit Sitz in den USA könnten von Trumps Plänen, Steuern zu senken und Regulierung abzubauen, profitieren.

Was können Maßnahmen sein, die zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands beitragen?

Um im rauer werdenden internationalen Wettbewerb nicht abgehängt zu werden, ist es unabdingbar, dass die EU und Deutschland die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hierzulande verbessern. Dazu zählt in erster Linie der Abbau von Bürokratie. Insbesondere im Bereich der Umwelt- und Nachhaltigkeitsregulatorik ist es wichtig, dass die Politik praktikable Lösungen findet, damit unsere Unternehmen im internationalen Wettbewerb nicht ins Hintertreffen geraten. So gibt es beispielsweise für das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz immer noch Unklarheiten in der Umsetzung, die das Außenhandelsgeschäft belasten. Auch die Verordnung für Entwaldungsfreie Lieferketten sorgt für große Verunsicherung, da noch viele offene Fragen bestehen und eine Umsetzung technisch anspruchsvoll ist. Die geplante Aussetzung ist da nur ein kleiner Hoffnungsschimmer. Auch eine Reduzierung der Energiekosten sowie der im internationalen Vergleich hohen Steuerbelastung würde den Betrieben helfen.

Zudem brauchen wir dringend mehr Abschlüsse von Freihandelsabkommen. Insbesondere bei den Abkommen mit den Partnerländern im Indo-Pazifik und dem Mercosur fordern wir seit langem mehr Tempo. Die Freihandelsabkommen mit aufstrebenden Wachstumsmärkten wären ein echter Game-Changer in der derzeit stockenden Konjunktur. Auch mit den USA sollten wir weiterhin den Dia- log suchen, um Diskriminierungen gegen deutsche Unternehmen so gering wie möglich zu halten. Dafür sind Instrumente, etwa wie der Transatlantische Handels- und Technologierat zwischen der EU und den USA, unabdingbar

Gibt es auch positive Effekte?

Man kann die US-Wahl als Weckruf für uns in Europa bezeichnen, enger zusammenzuarbeiten und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen wieder prioritär zu behandeln. Wir sollten uns darauf konzentrieren, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen konkret zu verbessern und unsere Unternehmen nicht mit neuen Vorgaben und Regularien zu überfrachten. Insbesondere KMU sollten stärker entlastet werden, um im internationalen Geschäft zu bestehen. Zudem müssen die Rahmenbedingungen für Innovationen gestärkt und Investitionen in den Wirtschaftsstandort Deutschland attraktiver werden, damit auch bei uns neue Champions entstehen. Ansonsten laufen wir Gefahr, bei Zukunftstechnologien wie KI oder der Halbleitertechnik außen vor zu bleiben.

Vielen Dank für das Gespräch.

Melanie Vogelbach leitet seit über 5 Jahren den Bereich Internationale Wirtschaftspolitik und Außenwirtschaftsrecht in der DIHK. Zu ihrem Team gehören u.a. Lola Machleid, Expertin für Internationale Konjunktur, sowie Thomas Börner, Referatsleiter Lieferketten- diversifizierung.

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