Finance for Beginners

© WJ Berlin

„Heute investieren, morgen Millionär.“ Scam wie dieser wird täglich in die Timeline junger Menschen geschwemmt. Solche Finanzfallen sind nur ein Beispiel dafür, warum Finanzbildung enorm wichtig ist. Die Wirtschaftsjunioren Deutschland fordern daher die Einführung des Schulfachs Wirtschaft an allen Schulformen. Darüber hinaus engagieren sich viele WJ-Kreise bundesweit mit konkreten Projekten für bessere ökonomische Bildung an Schulen. Ein Beispiel aus Berlin.

Es ist Mitte Juni in Berlin, fast 30 Grad heiß, als 17 Schüler:innen ihren Klassenraum der integrierten Sekundarschule in Charlottenburg betreten. Ihr Lehrer für die nächsten anderthalb Stunden ist Denis Sankowsky, Kreissprecher der Wirtschaftsjunioren Berlin und selbstständiger Finanzberater. Sein Thema heute: „Finance for Beginners“. Denis kam auf Einladung von Lehrerin Yeliz Ritschewald-Sacher, weil sie große Verantwortung für ihre Schüler:innen empfindet: „Ich verstehe es als meinen Auftrag, Schüler beim Thema Geld auf das Leben nach der Schule vorzubereiten.“ Und nicht nur Lehrkräfte wie Yeliz wünschen sich eine bessere Finanzbildung in Deutschland. Laut OECD-Paper „Finanzbildung in Deutschland: Finanzielle Resilienz und finanzielles Wohlergehen verbessern“ (2024) würden auch 81 % der 14- bis 24-Jährigen in der Schule gern mehr über Möglichkeiten der Altersvorsorge erfahren, 87 % über den Umgang mit Geld und 73 % über Anlagemöglichkeiten. Allerdings fehlt es an deutschen Schulen noch an entsprechenden Angeboten. Genau da setzen die Wirtschaftsjunioren aus Berlin wie viele andere WJ-Kreise mit ehrenamtlichen Angeboten für Schulen an.

Finanzkompetenz als Schlüsselkompetenz
Zahlreiche Studien belegen, dass Finanzbildung Voraussetzung für Selbstbestimmung und Teilhabe an der Wirtschaft ist. Zudem gilt sie als geeignetes Instrument für mehr Chancengerechtigkeit, da ein hohes Finanzwissen u.a. die Beteiligung am Aktienmarkt erhöht, sich positiv auf die Altersvorsorge auswirkt und zur Vermeidung von Altersarmut beiträgt. Doch was heißt Finanzkompetenz genau? Als weltweit anerkannte Definition – von den G20-Staaten und der Europäischen Kommission verwendet – gilt: Finanzkompetenz ist „eine Kombination aus finanziellem Problembewusstsein und Kenntnissen, Fähigkeiten, Einstellungen und Verhaltensweisen, die notwendig sind, um solide Finanzentscheidungen zu treffen und damit letztlich das finanzielle Wohlergehen zu sichern (OECD, 2020).“

Finanzbildung auf Augenhöhe
Zurück in der Berliner Schulklasse: Denis Workshopziel ist heute, bei den Jugendlichen Interesse an Finanzthemen zu wecken, damit sie sich gezielt mit ihrer eigenen Situation auseinandersetzen. Er ist aufgeregt, auch wenn man es ihm nicht anmerkt. Der Finanzberater gibt den WJ-Workshop „ Finance for Beginners“ erstmalig an einer integrierten Sekundarschule. Er testet derzeit aus, verrät er kurz vorher gegenüber der Jungen Wirtschaft, ob sein Konzept auch außerhalb des Gymnasiums bei jüngeren Schüler:innen funktioniert. Und wie es funktioniert. Mit gezielten Fragen tastet er sich heran, was die 15-Jährigen bereits über Geld wissen, über das Sparen, Investieren und auch über das Geldverdienen und Ausgeben. Die Klasse ist trotz heißer Temperaturen präsent und lässt sich auf den etwas anderen Unterricht ein. Es entstehen interessante Gespräche über Glaubenssätze, eigene Ziele und Wünsche. Nebenbei vermittelt Denis interessante Fakten und erklärt beispielsweise Begriffe wie Vermögenswerte und Verbindlichkeiten. Am Ende des Workshops zieht Denis ein zufriedenes Fazit: „Die Schüler und Schülerinnen haben echt spannende und reflektierte Beiträge eingebracht. Ich hatte den Eindruck, dass ich einige von ihnen wirklich erreichen konnte. Mein Wunsch ist, dass sie sich weiter mit Geld- und Finanzthemen beschäftigen – weil es für ihre Zukunft wichtig sein wird.“ Auch Lehrerin Yeliz freut sich über eine spürbare Veränderung in der Finanzbildungsdebatte. Sie beobachte auch auf Seiten der Schulleitungen größeres Interesse und Bereitschaft, Workshops wie von den Wirtschaftsjunioren an den Schulen anzubieten.

Politik mit ins Boot holen
Damit sich nicht nur die 17 Schüler:innen aus Charlottenburg weiterbilden können, sondern alle Jugendlichen in Berlin, luden die WJ Berlin Bildungssenatorin Katharina Günther- Wünsch zum Kaminabend in die Charlottenburger Schule ein. Zentrale Fragen des Abends waren: Wie gelingt der Übergang von der Schule in den Beruf? Welche Rolle können Unternehmen dabei spielen, junge Menschen bestmöglich auf ihre Zukunft vorzubereiten? Durch den Abend führte Svenja Jansen, Ressortleiterin „Politischer Austausch“ der WJ Berlin. Nach der Begrüßung durch den Kreissprecher Denis sowie Schulleiter Stefan Lange – unterstützt vom stimmungsvollen Auftritt des Schulchors – eröffnete die Senatorin den Abend mit einem Impulsvortrag. Darin gab sie spannende Einblicke in aktuelle bildungspolitische Vorhaben, die von beruflicher Orientierung über Fachkräftesicherung bis hin zu einer engeren Zusammenarbeit zwischen Schule und Wirtschaft reichen. Anschließend stellte Yeliz das Schulprojekt „Schülerfirma“ vor, ein inspirierendes Beispiel dafür, wie unternehmerisches Denken bereits in der Schule gefördert werden kann. Im anschließenden Q&A nutzten die Gäste die Gelegenheit, direkt mit der Senatorin ins Gespräch zu kommen.

Nun gilt es, dranzubleiben
Bildung ist in Deutschland bekanntermaßen Ländersache. Nichtsdestotrotz hat die Ampelregierung 2023 eine Initiative zur Stärkung der Finanzbildung ins Leben gerufen. Ein Auftakt, damit auch Deutschland eine nationale Finanzbildungsstrategie auf den Weg bringt. Anschließend sprach sich auch die Finanzministerkonferenz dafür aus. Im aktuellen Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD werden die Wörter Finanzbildung bzw. Finanzbildungsstrategie nicht erwähnt. Wir Wirtschaftsjunioren Deutschland werden das Thema weiterhin aktiv vorantreiben und in politische Gespräche sowie Initiativen wie dem „Bündnis für ökonomische Bildung“ einbringen. Das Ziel war und ist: Die bundesweite Einführung des schulformunabhängigen Fach Wirtschaft, das sich gezielt der Stärkung von Entrepreneurship widmet. Schüler:innen sollen lernen, wie Unternehmen entstehen und welche Fähigkeiten Gründer:innen benötigen: Eigeninitiative, Kreativität, Verantwortungsbewusstsein, Risikobereitschaft sowie ein lösungsorientierter Umgang mit Fehlern und Misserfolgen. Selbst ohne eine spätere Unternehmensgründung erwerben junge Menschen durch diesen Unterricht wertvolle Schlüsselkompetenzen.

Wirtschaftswissen im Wettbewerb

Du möchtest Dich in Deinem Kreis auch für bessere Wirtschaftsbildung engagieren, aber Dir fehlt noch eine Idee oder Zeit? Mach mit beim Bundesprojekt „Wirtschaftswissen im Wettbewerb“. Auf wjd.de findest Du alle Informationen zum jährlich stattfindenden Wirtschaftsquiz für Schüler:innen der neunten und zehnten Klasse.

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