And the Bundespreis goes to…
Letztes Jahr gab es erstmals sieben Kategorien bei den Bundespreisen. Nach der digitalen Preisverleihung im Anschluss an das Kreissprechertreffen wollen wir Euch die Gewinnerkreise und -projekte hier vorstellen.
Kategorie Wirtschaftspolitische Projekte & Veranstaltungen im Kreis (Jahresthema WJD): Der Digitalisierungs-Einkaufsbummel
„Das Thema Digitalisierung ist einfach ein Dauerbrenner“, sagt Marc Simon von den Wirtschaftsjunioren Rosenheim. Der Kreis hat 2019 die AKTIVDIGITAL, eine Digitalisierungsmesse für Unternehmer ins Leben gerufen. „Viele scheuen sich immer noch davor und das wollten wir ändern.“ Das Konzept der Messe: In zwanzigminütigen Workshops konnten sich die Teilnehmenden ganz unverbindlich und ohne Vertriebsdruck Input holen, dazwischen gab es immer zehn Minuten Pause zum Austauschen und Netzwerken. So konnte sich jeder sein eigenes Programm zusammenstellen und in möglichst viele Bereiche einfach mal reinschauen. Bei über zwanzig Workshops von „Basiswissen Digitale Transformation“ über „Das Internet der Dinge“ bis „App Entwicklung“ war sowohl für Neulinge als auch für Fortgeschrittene das Passende dabei. „Die Messe war im Prinzip wie ein Digitalisierungs-Einkaufsbummel, man konnte sich alles anschauen und dann gucken, was man für sich mitnimmt“, sagt Marc. Wichtig war den Organisatoren, dass die Vorträge keine Verkaufsgespräche sind, sondern dass konkrete Lösungen für konkrete Probleme gezeigt werden. Deswegen gab es für die ausstellenden Unternehmen eine wichtige Bedingung: Jeder Vortrag musste mindestens ein Praxisbeispiel beinhalten. Als richtig praktisch hat sich auch nach der Veranstaltung noch die Website der AKTIVDIGITAL erwiesen – sie dient mittlerweile ganz nebenbei als Jobbörse.
Kategorie Unternehmertum: Raus aufs Land
Viele ländliche Regionen haben das gleiche Problem: Die Leute ziehen in die Stadt, weil sie dort Arbeit finden. „Das passiert auch bei uns im Landkreis und dem wollten wir etwas entgegensetzen“, erzählt Sebastian M. Bünner, Kreissprecher der Wirtschaftsjunioren Bad Kissingen. Um Arbeitgeber/innen und Arbeitnehmer/innen zusammenzubringen, stellte ein Team aus sechs Leuten 2019 innerhalb von neun Monaten die erste Führungs- und Fachkräftemesse für Bad Kissingen auf die Beine. Die 45 Aussteller waren lokale Unternehmen, die mindestens eine Festanstellung zu vergeben hatten, egal ob im kaufmännischen, handwerklichen oder akademischen Bereich. Am Tag der Messe konnten sich Interessierte an der Jobwall einen Überblick verschaffen und dann im Ausstellersaal direkt mit den Unternehmen ins Gespräch kommen. Zusätzlich gab es Workshops zu Themen wie Fachkräftemangel, Weiterbildungsförderung und Selbstbewusstsein. Alles in allem eine runde Sache, die ziemlich gut angekommen ist. „Wir hatten uns als Ziel mindestens 500 Besucher gesetzt und gesagt, wenn 1.000 kommen, lassen wir die Sektkorken knallen“, erzählt Sebastian. Cheers! Am Ende sind 1.300 Menschen dagewesen. Klar, dass es nach diesem Erfolg weitergehen soll. Geplant ist, die Jobmesse alle zwei Jahre im Wechsel mit dem Berufsinformationstag stattfinden zu lassen – 2021 vorsichtshalber noch als Hybridveranstaltung mit Online-Formaten. Sebastian hofft, dass auch andere kleinere WJ-Kreise dazu inspiriert werden, eine Jobmesse für ihre Region aufzuziehen. Die Bad Kissinger geben dabei gerne Starthilfe
Kategorie Europa und die Welt: Knisternder Austausch
In gemütlicher Atmosphäre auch unbequeme Themen besprechen: Die politischen Kamingespräche auf Schloss Hugenpoet sind ein fest etabliertes Format, bei dem (welt-)politische Fragen mit einem namhaften Gast und WJ-Mitgliedern aus ganz Deutschland diskutiert werden. Im November 2019 konnte der Kreis Essen den ehemaligen Außenminister Sigmar Gabriel dafür gewinnen. „Die Europa-Skepsis nimmt immer mehr zu“, sagt Tim Iffarth, Vorstandsvorsitzender der Wirtschaftsjunioren Essen. „Gabriel hat ein leidenschaftliches Plädoyer für die EU gehalten und damit sicher einige Zweifler im Publikum überzeugt.“ Auch andere brenzlige Fragen wurden am Kamin besprochen: Wie geht es weiter mit den transatlantischen Beziehungen? Und wie können wir generell mit „schwierigen Partnern“ umgehen? Gabriel habe offen von seinen Erfahrungen als Außenminister erzählt und einige seiner früheren Entscheidungen erklärt und verteidigt. Es ist diese Offenheit, die ehemalige Politiker und Politikerinnen zu beliebten Gästen macht – Amtsträger/innen werden aber auch eingeladen, Jens Spahn hat schon zugesagt. Dass es bei den Kamingesprächen nicht bloß darum geht, einen netten Abend zu verbringen, ist Tim wichtig. „Es ergeben sich daraus oft langfristige Kontakte und Partnerschaften zwischen jungen Unternehmern und politischen Akteuren.“ In Zukunft können sich die Essener auch vorstellen, bekannte Unternehmerinnen oder Menschen aus der Kulturbranche einzuladen. „Helge Schneider wäre toll, der wohnt in unserem Kreis“, sagt Tim und wünscht sich, dass die Wirtschaftsjunioren öfter den Mut haben, auch die ganz Großen für Veranstaltungen anzusprechen. „Wir können uns ruhig ernst nehmen. Selbst Gabriel kommt.“
Kategorie Landesengagement: Bildung spenden
„Fundraising ist ein hartes Business“, sagt Jennifer Pia Gehrke und kann trotzdem eine gute Zwischenbilanz vorweisen: 340 Personen haben bisher gespendet, 32.000 Euro sind schon im Topf. Wofür? Der WJ Landesverband Hessen baut eine Schule in Ruanda. Umgesetzt werden soll das Projekt mit der Stiftung Fly & Help, die das Bauvorhaben vor Ort koordinieren wird. Weil bei Fly & Help keine Verwaltungskosten anfallen, kann wirklich jeder Cent in die Schule gesteckt werden. Zusätzlich unterstützt JCI Rwanda, Twinning-Partner von JCI Germany, die Hessen bei der Vernetzung mit relevanten Entscheidungsträgern und der Suche nach einem geeigneten Standort.
„Wir sind froh, dass wir eng mit JCI Rwanda zusammenarbeiten und haben auch erstmal gefragt, was sie von unserer Idee halten. Es war uns wichtig, dass sie ihr Okay dafür geben“, erzählt Jennifer. Sie ist Teil des Kernteams, das mit viel Einsatz Spenden generiert und deutschlandweit Wirtschaftsjunioren zum Mitmachen motiviert. Im September 2021 ist Spendenschluss, bis dahin sollen 50.000 Euro zusammengekommen sein. Dass dieses Ziel erreicht wird, dafür setzt sich auch WJ-Fördermitglied Reiner Schmidt, von dem die Initiative für das Projekt kommt, besonders ein: Jede Spende bis zu einer Summe von 25.000 Euro wird von ihm verdoppelt.
Kategorie Arbeit, Bildung und Zukunft: Hier kommt die Zukunft
Wenn es darum geht, wie die Zukunft der Arbeit aussieht, wird oft eins vergessen: einfach mal die zu fragen, die es betrifft. Mit der WorkLabChallenge hat der WJ Kreis Dresden eine Veranstaltung ins Leben gerufen, bei der Jugend und Wirtschaft sich dem Thema gemeinsam widmen. „Wichtig war uns, dass sich alle dabei auf Augenhöhe begegnen, deswegen haben wir das Event spielerisch gestaltet“, erzählt Projektleiterin Karoline Bünker. So startete Tag eins direkt mit einer Marshmallow-Challenge, bei der in bunt gemischten Teams ein Turm gebaut werden musste – aus 20 Spaghetti, mit Marshmallow-Spitze. Debattenübungen und gemeinsames Kochen sorgten für eine gute Gesprächsatmosphäre, mit der es am zweiten Tag in den Design Thinking Prozess gehen konnte. In vier Teams entwickelten die Teilnehmenden Ideen zum Thema New Work. Heraus kamen praktische Ansätze wie die „Eierlegende Wollmilchsau“-App für Work-Life-Balance und stabile Finanzen, aber auch philosophische Überlegungen zu einem Exoplaneten, auf den sich die Arbeit auslagern lässt. Nicht alles wird Realität werden, aber darum ging es auch nicht. „Die SchülerInnen sollten merken, dass sie die Zukunft selbst gestalten können“, sagt Karoline. „Und die Unternehmerinnen und Unternehmer, dass man mit der kommenden Generation etwas anfangen kann.“
Kategorie JCI – All over the World and in every Home: Davon haben alle was
Vielfalt bereichert – dieses Motto hat der WJ Kreis Frankfurt am Main gewählt, um zum 8. Deutschen Diversity-Tag mit einer Social-Media-Aktion auf das Thema aufmerksam zu machen. Die Idee: Mitglieder aus allen WJ und JCI Europe Kreisen wurden dazu aufgefordert, das Motto in eine Sprache ihrer Wahl zu übersetzen und so ihr eigenes Chart zu einer gemeinsamen Präsentation beizutragen, die in den sozialen Medien geteilt wurde. „Wir wollten einen Anstoß geben, Vielfalt wieder auf die Agenda zu setzen“, erzählt Alessa Bluhm, die sich in der „JCI Europe Equality and Diversity Taskforce“ engagiert. „Wir alle müssen uns fragen, wo wir dabei Nachholbedarf haben.“ Der Frankfurter Kreis geht mit gutem Beispiel voran: Bei Mitgliederversammlungen werden künftig Live-Untertitel von erfahrenen Untertitlerinnen erstellt. Aber natürlich ist das nicht alles. Um weiter dranzubleiben hat der Kreis zusammen mit drei weiteren Projektmitgliedern und Unterstützung der JCI Europe Equality and Diversity Taskforce die Diversity Week ins Leben gerufen, die im November 2020 erstmals stattfand. „Diversity ist mehr als Frauen in Führungspositionen und Internationalität“, sagt Micòl Salvoni, von der die Idee für die Social-Media-Aktion stammt. Es gehe beispielsweise auch um Antirassismus oder um die Inklusion von Menschen mit Behinderung. „Wichtig ist immer, sich zu fragen, wie alle mitkommen.“ Von den Wirtschaftsjunioren wünschen Micòl und Alessa sich, dass alle Mitglieder die Charta der Vielfalt unterschreiben. „Diversity in allen Bereichen zu leben macht ein Unternehmen erwiesenermaßen produktiver“, sagt Micòl. Sich zu Vielfalt zu bekennen ist also nicht nur ein wichtiges Signal nach außen, sondern auch wirtschaftlich eine kluge Entscheidung.
Kategorie Gesellschaftliches Engagement auf Kreisebene: Einsatz fürs Leben
Der eigene Tod ist nichts, worüber man gerne nachdenkt. Das weiß auch Kathrin Troche: „Aber nur, wenn wir früh genug eine Entscheidung treffen, können wir vielleicht noch ein Leben retten“, sagt die Iserlohner Wirtschaftsjuniorin, die das Projekt WJ-Organspende gestartet hat. Gemeinsam mit ihren drei Mitstreitern setzt sie sich dafür ein, Aufmerksamkeit für das Thema Organspende unter den Wirtschaftsjunioren zu schaffen. Anstoß zu ihrem Engagement gab die überraschend festgestellte Lebererkrankung des WJ-Mitglieds René Elsässer, die eine Transplantation nötig machte. „Wir alle wollten helfen, aber es gab keine direkte Möglichkeit“, erzählt Kathrin. Den Wunsch, trotzdem etwas zu tun, hat der Kreis Iserlohn mittlerweile verwirklicht: Durch zahlreiche Aktionen konnte das Gespräch über Organspende deutschlandweit in den WJ-Kreisen angeregt werden. Das hat auch Wirkung über den Verband hinaus. „Man darf nicht vergessen, dass die Wirtschaftsjunioren Multiplikatoren sind“, sagt Kathrin. Jeder, der das Projekt im eigenen Kreis unterstützen möchte, kann die Info-Box mit Buttons und Plüsch-Organen anfordern, es gibt eine übersichtliche und informative Website (wj-organspende.de) und sogar einen Organspendeausweis mit WJ-Logo. Seit Beginn des Projekts wurden ca. 2.000 Organspendeausweise unter die Leute gebracht. Ziel ist es, am Ende alle Mitglieder erreicht zu haben. „Dabei soll natürlich niemand überredet werden“, betont Kathrin. „Alles, was wir wollen ist, dass jeder sich einmal mit dem Thema Organspende beschäftigt und für sich eine Entscheidung trifft. Egal welche.“