Ein echter Schub
Für deutsche Tech-Champions brauchen wir ein lebendiges Startup Ökosystem.
von Christian Miele
Mit dem aktuell anstehenden Zukunftsfinanzierungsgesetz hat die Bunderegierung die Chance, das innovative Potential von Startups besser zu heben. Die darin enthaltenen Regelungen für Mitarbeiterbeteiligungen, kurz ESOP, können deutschen Startups einen echten Schub verpassen. Wie das? Startups sind gegenüber etablierten Unternehmen beim Recruiting im Nachteil. ESOP sind ein erprobtes Mittel, diesen Nachteil auszugleichen. Mitarbeitende bekommen neben ihrem Gehalt Anteile am Unternehmen. Wächst das Unternehmen, profitieren sie finanziell. Aktuell belegt Deutschland jedoch im europaweiten Vergleich bei den Rahmenbedingungen den letzten Platz. Das schwächt das Deutschland als Gründungsstandort und mindert die Innovationsfähigkeit.
Zum Vergleich hilft der Blick über den großen Teich: In den USA mischen Startups dank ESOP im internationalen Wettbewerb um Top-Talente mit. Und mehr noch: Tausende von Mitarbeitern in Hunderten von Startups haben dort nach dem Ausstieg aus dem Unternehmen finanziell davon profitiert. Im Silicon Valley wurden Startup-Mitarbeitende dank ESOP befähigt, selbst Gründer oder Investoren zu werden – ein positiver Kreislauf von Innovation und Startup-Gründungen ist eingetreten. Erfolge im Startup-Ökosystem befeuern sich selbst.
Wer als Mitarbeiter eine erfolgreiche Skalierung miterlebt hat, will oft eine eigene Idee umzusetzen. Ich habe das bei Rocket Internet selbst erlebt. Ich kenne zahlreiche heute erfolgreiche CEO, die durch die Mitarbeit in Startups selbst hungrig auf Erfolg geworden sind und ihr bei einer erfolgreichen Skalierung erworbenes Wissen nutzen wollen. ESOP machen Arbeitnehmer perspektivisch zu Unternehmern und erhöhen so die soziale Durchlässigkeit!
Mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz wird nun an den richtigen Stellschrauben gedreht, indem erstens die dry-income Besteuerung vermieden soll und zweitens der Anwendungsbereich erweitert werden soll. Dry-income heißt: Steuern sind fällig, ohne dass die Anteile der Steuerpflichtigen liquide geworden sind – der Wert existiert nur auf dem Papier. Trotzdem müssen sie Steuern leisten. Das ist für Arbeitnehmer unattraktiv. Deshalb fordern wir: Es darf erst dann besteuert werden, wenn Geld fließt. Die dry-income Besteuerung muss vermieden werden, hierfür werden im Gesetzesentwurf gute Vorschläge gemacht.
Die Ausweitung des Anwendungsbereichs ist gerade für größere Startups, sogenannte Scaleups, elementar. Aktuell sind Scaleups mit mehr als 250 Mitarbeitenden von den Regeln ausgeschlossen. Doch gerade sie stehen in einem besonders harten Wettbewerb um internationale Talente. Wenn wir ihre besondere Situation nicht gezielt in den Blick nehmen, werden wir keine deutschen Tech-Champions sehen.
Jetzt muss es zügig weitergehen, Startups brauchen dieses Gesetz. Die in der Bundesregierung beteiligten Ressorts sollten sich schnell darauf einigen. Je länger es dauert, desto mehr internationalen Top-Talente werden zu US-Firmen wechseln, ihren Wohnsitz verlagern oder sich an risikoärmere Arbeitsplätze in Unternehmen halten.
Christian Miele ist Vorstandsvorsitzender des Deutschen Startup-Verbandes. startupverband.de