Remote Leadership: zwei praktische Aspekte moderner Führung

Remote Leadership, also das Führen auf Distanz, ist zu einer zentralen Kompetenz moderner Führungskräfte geworden. Doch wie gelingt erfolgreiche Führung ohne oder mit nur geringer physischer Präsenz und Interaktion? Daniel Brugger, Experte für digitale Transformation sowie Landesvorstandsmitglied der Wirtschaftsjunioren Berlin-Brandenburg, zeigt an zwei Aspekten, worauf es zu achten gilt.

Informelle Kommunikation ist der Kit zwischenmenschlicher Beziehungen und damit einer Gesellschaft, so auch der in einem Unternehmen. Dort spricht man in diesem Zusammenhang von Kultur. Gespräche in der Kaffeeküche, beim Rauchen oder in der Warteschlange der Kantine, wo immer man sich zufällig begegnet, hat man sich auch etwas mitzuteilen.

Informelle Kommunikation gibt es im digitalen Umfeld nicht. Man begegnet sich nicht zufällig. Jeder Kontakt, jede Kommunikation ist entweder passiv – da schriftlich oder per Sprachnachricht – oder geplant: Man ruft an oder man stellt ein Meeting ein.

Kommunikation

Dabei gibt es zwei zentrale Herausforderungen:
1. Ohne den direkten persönlichen Kontakt sind Missverständnisse wahrscheinlicher. Nonverbale Hinweise, die in persönlichen Gesprächen eine wichtige Rolle spielen, sind nicht vorhanden.
2. Informations- und Wissensweitergabe muss aktiv herbeigeführt werden. Die Weitergabe von Informationen und Wissen muss aktiv erfolgen. Regelmäßige und klare Kommunikation ist daher eine wesentliche Aufgabe der Führungskräfte.

Regelmäßig Einzelgespräche, um informelle Themen der Organisation zu besprechen, sind ratsam. Die Führungskraft sollte dabei auf das Wohlbefinden und die Stimmung der Kolleg:innen achten und das Gefühl vermitteln – trotz der physischen Distanz – erreichbar zu sein und ein offenes Ohr zu haben.

Klar vereinbarte Regeln für die digitale Interaktion helfen. Das Team sollte sich zum Beispiel einigen, die Kamera einzuschalten, um zumindest die Gesichter und die Aufmerksamkeit von ihren Gegenübern wahrnehmen zu können. Auch über die Bedeutung von Smileys in der Organisation oder im Chat sollte gesprochen und dabei die verschiedenen kulturellen Hintergründe des Teams berücksichtigt werden.

Vertrauen und Ergebnisorientierung

In einer virtuellen Arbeitsumgebung müssen Führungskräfte ein Gleichgewicht zwischen Vertrauen und Kontrolle finden. Mikromanagement kann demotivierend wirken, während zu viel Freiheit zu Unsicherheit führen kann. Ein Umstand, der sich in der Regel negativ auf die Motivation und damit auf die Leistung der Mitarbeitenden auswirkt.

Eine Möglichkeit, die Balance zwischen Aufgabentracking und Freiheitsgraden zu finden – die natürlich von Führungskraft zu Führungskraft und von Mitarbeitenden zu Mitarbeitenden unterschiedlich sein wird – ist ergebnisorientiertes Führen.

Es muss Klarheit darüber herrschen, welche Ergebnisse zu welchem Zeitpunkt in welcher Qualität erwartet werden. Je klarer dies kommuniziert wird, desto einfacher ist es für beide Seiten, die damit verbundenen Erwartungen zu erfüllen. Das Setzen von Meilensteinen und kurze Check-up-Termine sind sinnvoll, damit die Führungskraft die Kolleg:innen bei der Bewältigung der Aufgaben begleiten kann.

Diese Termine bieten die Möglichkeit, bei Bedarf Hilfestellung zu geben, Leistungen zu bewerten und Feedback zu geben. Durch die gemeinsame Festlegung der Termine und die detaillierte sowie klare Diskussion der Ergebniserwartungen entsteht ein Prozess, der ohne die Wahrnehmung von Mikromanagement abläuft. Die Freiheit in der Leistungserbringung wird dadurch nicht eingeschränkt. Änderungen müssen immer dann vorgenommen werden, wenn Meilensteine nicht in der vereinbarten Qualität erreicht werden. Grundsätzlich gilt: Je digitaler die Zusammenarbeit, desto mehr Kommunikation ist für eine positiv wahrgenommene und produktive Führung notwendig.

Weitere Tipps, damit die Remote-Zusammenarbeit funktioniert

Damit die Verbindung zwischen den Teammitgliedern untereinander und zur
Führungskraft auch bei der Remote-Arbeit klappt, helfen folgende Maßnahmen:

Beste technische Voraussetzungen schaffen
Besprecht im ersten Schritt die technische Ausstattung des neuen Teammitglieds. Dazu gehört neben einer funktionierenden Hardware ab dem ersten Tag auch ein umfassendes IT-Onboarding inkl. Schulung, sofern es spezifische Software zur Nutzung gibt. Wichtige Fragen sollten direkt zum Start geklärt werden: Welche Tools und welche Technik werden vom Team genutzt? Braucht es eine Einführung dazu? Wie ist der technische Support bei Problemen zu erreichen? Welche Datenschutzbestimmungen gibt es? Welche besonderen gesetzlichen Bestimmungen gibt es für die Branche oder das Unternehmen sowie welche internen Richtlinien (z.B. Zugriffsrechte bei Ordnern, Nomenklatur der Datenablage)?

Rollen im Team klären
Wer ist im Team für welchen Bereich zuständig, mit welchen Aufgaben und Verantwortlichkeiten? Im Büro lassen sich kleine Fragen auf Zuruf schnell klären. Aus dem Homeoffice heraus ist es schwieriger und braucht Chatkommunikation, Anrufe, Rückrufe und so weiter. Daher kann ein klares Rollenverständnis Unsicherheiten, Doppelarbeit, Kommunikationsaufwand oder eine Nicht-Bearbeitung verhindern.

Kommunikationswege besprechen
Nutzt ihr ausschließlich E- Mails oder auch Tools für spontane Kommunikation, z.B. Slack oder Microsoft Teams? Wann werden Kolleg:innen bei E-Mails in CC genommen? Nur wer die Kommunikationswege und -kultur kennt, kann sie auch optimal nutzen. Legt fest, welche Kanäle für welche Art von Informationen primär genutzt werden – z.B. Whats App für soziale und private Inhalte (wie z.B. Urlaubsfotos und -berichte), Mails für offizielle Kommunikation (wie Krankmeldungen oder Arbeitszeugnisse) und Teams für den Arbeitsalltag.

Arbeitszeiten
Im Büro ist offensichtlich, wer gerade da ist. Wie ist die Anwesenheit im Homeoffice geregelt? Einheitlich oder individuell? Gibt es Kernarbeitszeiten? Wie wird die Arbeitszeit, Urlaub, Krankheit und Anwesenheit erfasst? Welche Vertretungsregeln gibt es? Alle sollten jederzeit auf dem gleichen Wissensstand sein.

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