Immer in Bewegung

Als Vater, als Unternehmer und im Ehrenamt: Mark Klein kennt nur vollen Einsatz. Der Juniorchef des Langenfelder Industrietor-Spezialisten Inovator lenkt den Betrieb mit Babybett am Schreibtisch. Auch mit vielfältigem freiwilligen Engagement wirbt er unermüdlich für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die Stärkung des Mittelstands insgesamt.

von Thomas Mersch

© WJD/Eva Lotte Niegel

Kaffee war für Mark Klein eigentlich nie ein Thema. Doch seit ein paar Monaten trinkt er ihn, um im Job auf Touren zu kommen. „Ich bin noch in der Gewöhnungsphase“, sagt der Unternehmer. Wie zum Beweis zieht er die Tür des Bürokühlschranks auf. Alle Fächer sind mit Plastik-Flaschen gefüllt, gut zwei Dutzend dürften es sein. Schwarzer Deckel, rotes Etikett: Cola Zero. „Das allein reicht nicht mehr“, sagt der 37-Jährige. Seit er Mitte Mai Vater geworden ist, muss Stärkeres her. Also Kaffee.

Das Büro, nahezu spartanisch. Ein schlichter, aufgeräumter Schreibtisch, dahinter ein vorhangloses Fenster und ein kahler Heizkörper. Der Schrank gegenüber, deckenhoch, lässt sich nicht mehr gut öffnen. Auch so eine Neuerung: Denn zwischen Schreibtisch und Schrank klemmt ein Babybett, in dem ein Knisterbuch und eine Rassel liegen. Mark Klein nimmt seinen Sohn Jonah schon mal mit ins Büro. Ist das nicht stressig? Er winkt ab. „Wir sind als Eltern schon sehr entspannt.“ Er selbst hat seine Elternzeit schon absolviert.

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Familienunternehmen – das ist wörtlich zu nehmen bei der Inovator Schnellauftore GmbH in Langenfeld bei Leverkusen. Mit seiner Verlobten teilt sich Mark Klein normalerweise das Büro, sie ist im Berufsleben seine Assistentin. „Christiane ist noch ein paar Monate in Elternzeit, aber sie scharrt schon mit den Hufen“, sagt er. Im Raum gegenüber sitzt seine Mutter Heather, Prokuristin. 2018 hat Mark Klein seinen Vater Rolf als Geschäftsführer abgelöst, mit dem er zuvor zwölf Jahre lang Hand in Hand gearbeitet hatte – der Firmengründer hat sich auf eine beratende Rolle zurückgezogen.

Inovator besorgt seinen Kunden die gewünschten Tore in jeder Dimension – und steht für deren Funktionsfähigkeit gerade. Mal sind es Betriebstore, etwa für den Kölner Versorger RheinEnergie oder für eine Werkhalle von Ford in Köln-Niehl, mal Garagentore für Privatleute. 85 Beschäftigte an zwei Standorten hat die nordrhein-westfälische Firma, den Umsatz beziffert Juniorchef auf fast elf Millionen Euro. Türen und Tore fertigt Inovator nicht selbst, sondern bezieht sie von verschiedenen Herstellern, etwa dem europäischen Marktführer Hörmann aus Steinhagen bei Bielefeld. Im Vertriebs- und Service-Geschäft sei man die Nummer eins in Nordrhein-Westfalen. Das florierende Wartungsgeschäft sorge mit rund 10.000 Kunden für rund die Hälfte des Umsatzes. „Wenn morgens das Tiefgaragentor streikt, werden schnell ein paar Hundert Leute sehr nervös.“ Zuverlässigkeit und Tempo zählen hier besonders.

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Familienvater und Familienunternehmer – was viele auslasten oder gar überfordern könnte, ist dem umtriebigen Mark Klein nicht genug. Stellvertretender Vorsitz des IHK-Regionalausschusses für Langenfeld und die Nachbarkommune Monheim, Vorstand des Industrievereins Langenfeld, Handelsrichter am Landgericht Düsseldorf – es ist fast so, als würde er Ehrenämter sammeln. Verantwortung übernehmen, das sei sein Antrieb. „Freiwilliges Engagement ist der Kitt der Gesellschaft.“  Bei den Wirtschaftsjunioren wirkt Mark Klein zudem als Landesvorsitzender NRW.

Der Einstieg bei den Wirtschaftsjunioren – „es war ein totaler Zufall“, erinnert er sich. „Ich hatte noch nie von denen gehört.“ 2016 habe er seinen Vater zu einer Podiumsdiskussion begleitet, wo beide ihre Erfahrungen bei der Unternehmensnachfolge schilderten, die damals bei Inovator eingeleitet wurde. Anschließend sprachen ihn anwesende Düsseldorfer Wirtschaftsjunioren an, ob er sich deren Organisation nicht mal anschauen wolle. „Gucke ich mir an“, habe er gesagt – und es wurde direkt mehr draus. Schon beim Kennenlerntreffen stieg er beim Standortarbeitskreis für Politik und Wirtschaft ein. „Der hatte es mir direkt angetan.“

Nicht um die „riesengroßen politischen Ziele“ sei es ihm gegangen – sondern um die Frage, „was man lokal und stadtteilpolitisch bewegen kann“. „Medienhafen 2020 – Hotspot oder Notspot“ sei das Thema gewesen, das er sich 2018 mit seinem Arbeitskreis vorgenommen habe. „Alle haben gesagt, dass der Stadtteil über die Jahre den Bach runtergegangen ist. Da wollten wir was tun.“ Mehr Attraktivität für junge Beschäftigte sei ein Ziel gewesen, die Entwicklung von Brachflächen voranzutreiben ein weiteres. „Wir haben die Stadtplanung mit den Unternehmen vor Ort wieder ins Gespräch und ein Thema zurück auf die Agenda gebracht.“ Im Jahr darauf habe die Düsseldorfer IHK das Vorhaben zu einem ihrer Kernthemen gemacht – und „sogar unseren Projekttitel für das Konzeptpapier“ übernommen. „Es ist der Wahnsinn, was wir als Freizeitgruppe da bewegt haben.“

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Mit seinem Engagement bei den Wirtschaftsjunioren möchte er andere ermutigen und mit gutem Beispiel voran gehen, wenn es um Themen wie Vereinbarkeit oder auch Nachhaltigkeit geht.  Wichtig seien dafür Best-Practice-Beispiele. „Bei Nachhaltigkeit geht es etwa um Unternehmen, die Ressourcenkreisläufe schließen oder einen altersübergreifenden Know-how-Transfer besonders gut hinbekommen. Wir wollen damit auch über die Wirtschaftsjunioren hinaus inspirieren.“

Auf Landes- und Bundesebene pflegen die Wirtschaftsjunioren ebenfalls „Know-how-Transfer“ – und meinen hier Wissensaustausch mit der Politik. So begleitete Klein jüngst die Vorsitzende der Grünen-Landtagsfraktion Wibke Brems zwei Tage lang bei ihrer Arbeit – war bei allen Gesprächen mit Presse oder Verbänden dabei. „Da ist man in einem sehr vertrauensvollen Austausch – die Politiker wollen auch erfahren, wo beim Mittelstand der Schuh drückt“, sagt Mark Klein. Auch Abgeordnete von CDU, FDP und SPD hat er schon begleitet – und lud zum Gegenbesuch nach Langenfeld in die Firma ein. Zuletzt war der damalige SPD-Landesparteichef Thomas Kutschaty bei Inovator. Die zentrale Erkenntnis: „Auch Politiker sind nur Menschen – sie haben genauso Nöte und Sorgen wie wir.“ Erfahrung – es ist für Mark Klein eines der wichtigsten Güter. Bei Inovator war er drei Jahre lang gemeinsam mit Vater Rolf Geschäftsführer, um die Übergabe reibungslos zu gestalten. „Keiner hat geglaubt, dass es mein Vater wirklich schafft zurückzustecken“, sagt Klein. Zu sehr habe er das Unternehmen geprägt. „Er war der Patriarch, der jede Rechnung und jeden Beleg persönlich geprüft und abgezeichnet hat“, sagt er. Doch mit 65 machte der Vater tatsächlich Schluss.

Schon lange stand fest, dass Mark Klein im elterlichen Betrieb seine Zukunft sieht. Meeresbiologe war als Kind sein Traumberuf. Der britische Naturforscher David Attenborough ist sein großes Vorbild. „Er gilt ja als der am weitesten gereiste Mensch der Welt.“ Klein eifert ihm ein wenig nach, wie er erzählt. Jeden Kontinent habe er inzwischen gesehen, in jedem der Weltmeere habe er getaucht. Südgeorgien in der Antarktis nennt Klein als schönsten Ort, an dem er je war. Eine besondere Sammelleidenschaft hat sich aus der Liebe zur Natur ergeben: Jedes Buch, das David Attenborough geschrieben hat, besitzt Klein in Erstausgabe mit Signatur.

Aber: „Korallenriffe sind schon sehr weit weg von der Familie.“ In Langenfeld verdiente er schon sein erstes Taschengeld – und ist stolz darauf. „Ich bin als Kind auf Knien über den Hof gekrabbelt und habe Unkraut gejätet. Oder ich habe Prospektmappen gefaltet.“ Mit 15 habe er den Entschluss gefasst, bei Inovator einzusteigen. „Mir wurde langsam klar, wie viel Herzblut meine Eltern in den Betrieb investieren. Das wollte ich fortführen.“

Er wechselte auf ein Wirtschaftsgymnasium in Düsseldorf, lernte anschließend Fremdsprachen-Korrespondent und Kaufmännischer Assistent. Es folgte ein duales Studium an der FOM in Düsseldorf. Die akademischen Schwerpunkte: Unternehmensführung und Change Management. Hier stieß er auf Ideen, die er in den Familienbetrieb einbringen wollte. Mehr Teamarbeit, besonders das wollte der Juniorchef angehen. Verantwortung abgeben, sich auf zentrale Entscheidungen und Strategie konzentrieren. „Das war nicht leicht zu akzeptieren für meinen Vater, schließlich war er ja mit seiner Methode erfolgreich“, sagt Mark Klein.

Doch der Junior setzte sich durch und zog – unterstützt von einem Unternehmensberater – eine weitere Führungsebene ein. „Die Verantwortung auf mehr Schultern verteilen“, lautete das Ziel. Zudem wurde der Entscheidungsspielraum für einzelne Abteilungen erhöht. Wie Unternehmer sollen die Beschäftigten handeln. Denkbar sei, sie künftig sogar am Firmengewinn zu beteiligen. „Die Zeiten haben sich geändert“, sagt Mark Klein. „Marketing und IT waren früher eine Randerscheinung.“ Er konzentriere sich auf die Strategie und die immer wichtigere Personalarbeit. Inovator stellte im Mai 2022 das Recruiting um und setzt seitdem auf Kampagnen in den sozialen Medien – mit Erfolg. „Seitdem haben wir 14 neue Arbeitskräfte gewonnen.“ Dennoch bleibe des die derzeit „größte Sorge“, motivierte Nachwuchskräfte zu finden. „Handwerker sind eine aussterbende Spezies“, sagt Mark Klein. „Wir steuern da auf eine Katastrophe zu.“ Hier gegenhalten, dass will er nicht nur als Firmenchef – sondern auch im Ehrenamt. „Ich liebe es, zu gestalten und Dinge zu bewegen.“

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