Geflüchtete beschäftigen – aber wie?
Mehr als drei Monate sind seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine vergangen. Rund 6 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer sind seitdem in andere Länder geflüchtet. Auch in Deutschland wurden nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge bis zum 11. Mai bereits rund 727.200 Personen, vorwiegend Frauen und Kinder, offiziell registriert.
Viele deutsche Unternehmen sind bereits seit dem ersten Tag des Krieges aktiv und helfen den Menschen auf ganz unterschiedliche Weise. Neben Sach- und Geldspenden organisierten Betriebe Transporte von Hilfsgütern, den Transfer von Geflüchteten aus den Kriegs- und Grenzregionen und stellen Wohnraum zur Verfügung. Viele Unternehmen signalisieren auch bereits die Möglichkeit, berufliche Perspektiven bieten zu können, sobald dieses Thema für die Menschen in den Vordergrund rückt. Das Thema Ausbildung und Beschäftigung in den kommenden Wochen und Monaten zunehmend relevanter werden.
EU-Massenzustrom-Richtlinie ermöglicht unbürokratischen Arbeitsmarktzugang
Ukrainerinnen und Ukrainer, die aufgrund des russischen Krieges aus ihrem Land fliehen, erhalten in Deutschland eine Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz (Paragraf 24 des Aufenthaltsgesetzes) und müssen damit kein Asylverfahren durchlaufen. Dieser Schutzstatus regelt auch den Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Sozialleistungen. Demnach können Betroffene für den Zeitraum des vorübergehenden Schutzes (bis zu 2 Jahren mit der Option auf Verlängerung um ein weiteres Jahr) jede abhängige oder selbstständige Erwerbstätigkeit ausüben. Bereits der Besitz einer Fiktionsbescheinigung (Bestätigung der Ausländerbehörde über die Antragsstellung auf vorübergehenden Schutz) berechtigt zur Aufnahme einer Beschäftigung. Darüber hinaus haben die Betroffenen aktuell Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, die unter anderem eine medizinische Grundversorgung umfasst. Ab dem 1. Juni 2022 erhalten Geflüchtete aus der Ukraine nach der Registrierung Leistungen über das Jobcenter nach dem SGB II bzw. SGB XII und sind darüber auch krankenversichert. Wenn eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen wird, ist der Eintritt in eine gesetzliche Krankenversicherung möglich und notwendig. Bei Schließung des Arbeitsvertrags kann die Person dann selbst die Krankenkasse wählen oder der Arbeitgeber meldet sie bei einer gesetzlichen Krankenversicherung an.
Damit perspektivisch eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration stattfinden kann, benötigen die Unternehmen gute und verbindliche Voraussetzungen. Dazu gehören neben zügigen und einheitlichen Registrierungsverfahren, feste Ansprechpartner in den Behörden sowie ein schneller umfängliches Sprachkursangebot. Darüber hinaus wird auch der Zugang zur Kinderbetreuung und ins Schulsystem eine weitere Rolle spielen.
In den letzten Jahren haben sich bereits viele Betriebe im „NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ (NUiF) für die Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Fluchthintergrund eingesetzt und wertvolles Wissen im Umgang mit bürokratischen und sprachlichen Hürden gesammelt. Das Netzwerk unterstützt dieses Engagement mit Informationen zu rechtlichen Rahmenbedingungen und fördert den Wissenstransfer durch gezielte Vernetzung und auf Veranstaltungen. Auch in der aktuellen Situation informiert es über Hilfsmöglichkeiten und aktuelle rechtliche Entwicklungen auf seiner Website und auf Veranstaltungen. Alle Informationen sind auf der Website www.unternehmen-integrieren-fluechtlinge.de zu finden; unter anderem auch eine Checkliste zu allen Fragen rund um die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten aus der Ukraine, die über den QR-Code direkt erreicht werden kann.
Tobias Klepper, WJ Dithmarschen und NUiF-Regionalbotschafter
Uns als Wirtschaftsjunioren ist der Aufbau eines umfangreichen und belastbaren Netzwerkes aus unserer ehrenamtlichen Tätigkeit sehr gut bekannt. Auch wissen wir, wie wichtig es ist, dass man in unterschiedlichen Situationen auf dieses Netzwerk zurückgreifen kann. Dass ein Netzwerk dieser Art in beide Richtungen funktionieren muss und nicht nur aus Nehmern bestehen kann, ist mit Sicherheit auch jedem von uns schonmal aufgefallen. Auch das „NETZWERK integrieren Flüchtlinge“ lebt genau wie wir als Wirtschaftsjunioren von der Interaktion seiner Mitglieder. Es ist sicherlich kein Geheimnis, dass ein Netzwerk von einem breit aufgestellten Teilnehmerkreis sehr stark profitieren kann.
Ich bin Wirtschaftsjunior im Kreis Dithmarschen und übe für das „NETZWERK integrieren Flüchtlinge“ aktuell das Amt des Regionalbotschafters des Landes Schleswig-Holstein aus. Damit bin ich eine von 16 ehrenamtlichen Personen, die dieses Amt jeweils für ein Jahr innehaben. Die aktuelle Situation in der Ukraine und die damit verbunden Herausforderungen zeigen deutlich, wie wichtig ein Netzwerk dieser Art ist. Und es in vielerlei Hinsicht den Wirtschaftsjunioren wirklich ähnlich. Nicht nur aus diesem Grund möchte ich jeder und jedem von Euch ans Herz legen, Euch einmal mit dem „NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ auseinanderzusetzen. Vielleicht ist es ja auch was für Euch. Ich würde mich freuen!