Turbulente Zeiten? Chancen für den Einstieg ins internationale Geschäft!

Jetzt mal konkret

In unserer Reihe „Jetzt mal konkret!“ geben Expertinnen und Experten aus den IHKs praktische Einblicke zu aktuellen Themen. Diesmal: Wie der Einstieg ins internationale Geschäft durch kompetente Beratung gelingt.

Viele werden es in der aktuellen Nachrichtenlage als Randnotiz mit etwas Verwunderung registriert haben: Trotz aller Einschränkungen im internationalen Warenhandel im Zuge der Corona-Pandemie meldeten die Statistiker im März einen neuen Allzeitrekord beim deutschen Außenhandel für 2021. Sowohl die Exporte (+14,0 Prozent) als auch die Importe (+17,2 Prozent) stiegen im Vergleich zum Vorjahr deutlich auf ein neues jeweiliges Allzeithoch. Jetzt sind in diesen Zahlen auch Nachholeffekte sowie weitere konjunkturelle Besonderheiten enthalten, aber in der Summe zeigt es die Stärke, Flexibilität und Reaktionsschnelligkeit der deutschen Außenwirtschaft. Neu als Herausforderung hinzugekommen sind die Lieferschwierigkeiten, ausgelöst durch den Angriffskrieg Russlands in der Ukraine, die in den Zahlen für 2021 noch nicht enthalten sind.

„Jede Krise bietet auch Chancen“, dieses Sprichwort gilt ganz besonders für die Außenwirtschaft. Jahrelang fest geglaubte Geschäftsverbindungen brechen plötzlich weg, neue Zulieferer und neue Absatzmärkte müssen gesucht werden, Lieferwege verändern sich und neue Produktlösungen erobern den Markt. Krisenzeiten sind immer auch Treiber und Beschleuniger des (technologischen) Fortschritts. Der internationale Handel ist sehr dynamisch und bietet innovativen und gut aufgestellten Unternehmen mit ihren Produkten und Dienstleistungen große Potenziale.

Bei aller aktuell gegebenen Hektik sollte der Schritt ins internationale Geschäft aber nicht überstürzt, sondern wohl durchdacht und vorbereitet sein. Viele Fehler lassen sich vor allem in der Anfangszeit vermeiden. Als Rat- und Hinweisgeber der ersten Instanz stehen hierbei die Industrie- und Handelskammern ihren Mitgliedsunternehmen zur Verfügung. Jede der 79 regional organisierten IHKs in Deutschland verfügt über einen „Außenwirtschaftsbereich“ bzw. einen „Bereich International“, in dem jeweils mehrere meiner Kolleg/innen tätig sind und für Euch als Ansprechpartner für eine Erstberatung zur Verfügung stehen. Sprecht sie einfach an! Themen wie Länderinformationen, Zolldokumente, Ausfuhrbestimmungen, Steuern im Ausland oder Freihandelsabkommen sind ihr tägliches Geschäft.

Apropos Freihandelsabkommen, hier verfügt die Europäische Union über eine Vielzahl an unterschiedlich tiefgehenden Freihandelsabkommen mit nahezu allen Staaten der Erde, die natürlich auch für deutsche Unternehmen gelten. Allerdings unterscheiden sich die Freihandelsabkommen von Staat zu Staat in ihrer Tiefe und Reichweite. Die weltweit am tiefsten integrierte Freihandelszone ist der Europäische Binnenmarkt. Hier sind der freie Warenverkehr, die Personenverkehrsfreiheit, die Dienstleistungsfreiheit sowie der freie Kapital- und Zahlungsverkehr gesetzlich klar geregelt und für alle Unternehmen gültig. Der Einstieg ins internationale Geschäft innerhalb der EU ist somit verhältnismäßig einfach.

Schwieriger kann der Markteinstieg in Drittländern außerhalb des EU-Binnenmarktes werden. Hier sollte man in einem ersten Schritt die einzelnen Handelserleichterungen bei bestehenden Freihandelsabkommen gründlich prüfen. Neben den Mitarbeiter/innen der IHK beraten hier auch die deutschen Auslandshandelskammern (AHKs). Sie wurden vom US-amerikanischen Wallstreet-Journal bereits als „Germany’s Secret Economic Weapon“ bezeichnet. Die AHKs sind mit 140 Standorten in 92 Ländern weltweit für die deutschen Unternehmen der Ansprechpartner vor Ort und beraten neben den Möglichkeiten des Markteintritts auch zu Recht, Steuern und Personal im jeweiligen Zielland.

Für manche Unternehmen ist der Markteintritt auch über ein von der EU gefördertes Forschungsprojekt wünschenswert. Hier kann bei der internationalen Projekt- und Geschäftspartnervermittlung das Enterprise Europe Network (EEN) behilflich sein. Darüber hinaus bietet das EEN kompetente Hilfestellung beim Aufbau und der Ausweitung von Geschäftsbeziehungen ins Ausland – seien es markt- oder technologieorientierte Kooperationen.  In Deutschland gibt es 13 regionale Konsortien mit 56 Partnerorganisationen, wovon wiederum 16 IHKs sind. Weltweit ist das EEN in knapp 70 Ländern vertreten.

Generell gilt, je größer das internationale Vorhaben und umso spezieller das Zielland ist, desto besser sollte man sich vorbereiten. Empfehlenswert ist vor dem Markteintritt das jeweilige Zielland einmal persönlich aus unternehmerischer Sicht zu besuchen. Hierfür bieten sich Messen an. Für Erstbeteiligungen an internationalen Messen bietet das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz über den Verband der deutschen Messewirtschaft (AUMA) hiesigen Unternehmen informative Unterstützung und finanzielle Förderung an. 

Weitere Informationen zum Markteinstieg in bestimmten Zielländern kann man sehr fundiert über die Germany Trade and Invest (GTAI) erhalten. Auch hier stehen für Euch Länderspezialisten als Ansprechpartner zur Verfügung.

Tobias Klein ist Referent Europa bei der IHK Rostock und Koordinator des Enterprise Europe Network Mecklenburg-Vorpommern. Er ist außerdem der Geschäftsführer der Wirtschaftsjunioren Rostock.