Zusammenhänge und Geschichten
Susanne Risch von brand eins und Guido Neuhaus vom Carlsen Verlag sind die Köpfe hinter weil., einem Wirtschaftsmagazin für Kinder. Wir haben mit den beiden über die Vermittlung von Wirtschaftswissen gesprochen.
Liebe Susanne, lieber Guido, erzählt mal: Wie seid Ihr auf die Idee gekommen, zusammen ein Wirtschaftsmagazin für Kinder zu machen?
Guido: Bei mir fing das im Studium an, als ich gemerkt habe, dass wir alle in der Schule nicht auf die Wirtschaft vorbereitet worden sind. Jetzt bin ich seit vier Jahren bei Carlsen und in dieser Zeit stand immer die Idee im Raum, mal ein Magazin zu machen – Wirtschaft war eins der Themen, die uns dafür vorschwebten. Unser Geschäftsführer hat dann den Kontakt hergestellt zum brand eins-Geschäftsführer, mit dem er ganz gut befreundet ist. Wir haben also Susanne und ihre damalige Redaktionsleiterin zu uns eingeladen und schnell gemerkt, dass uns dieses Thema alle sehr bewegt – denn auch bei Susanne gab es schon sehr lange diese Idee.
Susanne: Wir machen ja nur Wirtschaftsmagazine bei brand eins und hatten 20 Jahre lang die Idee eines solchen Magazins für Kinder in der Schublade, aber kein Geld und nicht die richtigen Partner. Und dann haben sich die beiden Geschäftsführer getroffen, und – manchmal ist die Zeit einfach reif! Und jetzt nach 20 Jahren, saßen wir zusammen und stellten fest: Das passt! Da haben sich zwei gefunden, die Lust haben, die miteinander ins Risiko gehen, die sich mit ihren Kompetenzen ergänzen. Und jetzt machen wir zusammen ein wunderbares Wirtschaftsmagazin!
Warum denkt Ihr, dass ein gedrucktes Magazin der richtige Weg ist, diese sehr junge Zielgruppe zu erreichen – die man ja eher in den digitalen Kanälen vermutet?
Susanne: Ich glaube, wir finden sie überall. Das gedruckte Magazin ist nur eine Option, dabei muss und soll es ja nicht bleiben. Aber nach unserer Erfahrung lesen Kinder wirklich gerne darin. Sie liegen zusammen da, sie sitzen zusammen da, sie halten etwas in der Hand, sie blättern vor und zurück und nehmen es immer wieder in die Hand und haben zusammen Spaß daran. Das bedeutet ja nicht, dass sie nicht auch Tablets nutzen und auf digitalen Plattformen unterwegs sind – aber sie nutzen eben auch, das zeigt unsere Erfahrung, Print.
Guido: Wir sind ganz bewusst in diese Zielgruppe von 9 bis 11 Jahren gegangen, also vierte, fünfte, sechste Klasse. In dem Alter bekommen die meisten Kinder schon Taschengeld. Und sie interessieren sich für Zusammenhänge. Man merkt das vor allem an den Fragen, die Kinder in diesem Alter stellen. Und wo sollen sie nach Antworten suchen? Die meisten Social Media Plattformen dürfen sie erst ab 13 oder 14 Jahren nutzen. Das heißt, die Eltern entscheiden, welche Kanäle die Kinder nutzen können – oder die Lehrer. Und die ziehen es meist vor, Kindern ein Printmagazin in die Hand zu drücken statt eines Tablets. Kinder lesen total gerne in dem Alter. Sie haben gerade gelernt, richtig flüssig zu lesen und dann wollen sie auch lesen! Plus: Der Austausch über das Gelesene ist automatisch intensiver, wenn du ein Print-Produkt hast. Deshalb ist Print als Kernprodukt der richtige Ansatz, gerade für diese Zielgruppe.
Susanne: Man kann ja auch ins Heft reinschreiben! Wir fordern auch immer auf, mitzumachen. Und sie können das Heft an die Wand hängen, denn es hat ein Loch in der linken oberen Ecke und sie müssen nur irgendwo einen Nagel in die Wand hauen. Und sie können es nach dem Lesen archivieren – das machen unsere erwachsenen Leser mit der brand eins auch gerne.
Wie wird Wirtschaft als Thema für Kinder interessant?
Susanne: Die allermeisten Kinder, wie wir früher wahrscheinlich auch, würden nicht von sich behaupten, dass sie sich für Wirtschaft interessieren. Aber ihr Alltag interessiert sie! Ihr Können, ihr Wollen, ihre Ideen, ihre Träume, ihr Miteinander mit anderen! Genau das ist aber Wirtschaft. Ich glaube, das ist das große Missverständnis, das wir in Deutschland immer haben, wenn wir „Wirtschaft“ hören. Als wäre Wirtschaft irgendein Gebiet, ein Know-how, für das man spezifisches Fachwissen braucht und das nur ganz bestimmen Leuten zugänglich ist. Das ist Unsinn! Wirtschaft ist das, was uns den ganzen Tag umgibt – auch die Kinder. Und die interessieren sich für Geschichten und für Themen. Nicht für Wirtschaft.
Wir Wirtschaftsjunioren führen ja seit vielen Jahren Wirtschaftswissen im Wettbewerb durch – ein Wirtschaftsquiz für Neunt- und Zehntklässler:innen. Habt Ihr auch Pläne, weil. in die Schulen zu bringen?
Guido: Auf jeden Fall! Wie Susanne gerade gesagt hat, wir erreichen und begeistern Kinder, indem wir Geschichten aus ihrer Lebenswirklichkeit erzählen. Und das können sich Lehrer zu Nutze machen, denn wir stellen zusätzlich kostenlose Unterrichtsmaterialien zur Verfügung. Die sind werbefrei, genau wie das Magazin. So sinkt die Hürde, wirtschaftliche Inhalte zu unterrichten, denn die Vorbereitungsarbeit für die Lehrer ist sehr gering. Dieses Angebot versuchen wir jetzt breit zu streuen. Dazu müssen wir die Lehrer ansprechen und überzeugen, aber wir suchen auch Menschen und Unternehmen, die Lust haben, uns zu unterstützen und Abos für Schulen in ihrer Region sponsern.
Susanne: An den Schulen ist noch Überzeugungsarbeit nötig. Aber wir stellen uns ja nicht gegen die Lehrer und sagen: Alles Käse, was ihr da in der Schule macht. Ganz im Gegenteil, wir wollen die Schulen wirklich unterstützen, denn wir haben ja alle das gleiche Ziel: gute Bildung für unsere Kinder.
Habt Ihr ein „Vision & Mission“- Statement formuliert für das Magazin?
Susanne: Nein, das haben wir nicht. Aber der Kern unserer Arbeit steht auf dem Cover: Entdecke, wie alles zusammenhängt. Wir wollen Kinder nicht belehren, wir wollen nicht sagen, was gut und richtig ist, sondern wir wollen ihnen helfen, ihr direktes Umfeld zu verstehen und aktiv zu werden. Selbstwirksamkeit ist wichtig! Und es kann nicht sein, dass Kinder nicht wissen, was Miete ist oder dass das Geld nicht einfach so aus dem Geldautomaten kommt, sondern erwirtschaftet werden muss. Es gibt Lücken und die wollen wir schließen.
Guido: Wir wollen unterhaltsam informieren und wir wollen Kinder ermutigen! Wir wollen die Lust am Entdecken fördern, Freude daran, die eigenen Talente zu erkunden und etwas auszuprobieren – und ihnen vor allem die Angst davor nehmen, dass etwas mal nicht klappt. Dann bist du nicht der Idiot, der gescheitert ist, sondern kannst einfach weitermachen. Hut richten und los geht’s!
Was habt Ihr zuletzt gelernt?
Susanne: Ich finde, ich habe als Journalistin den spannendsten Beruf der Welt, denn ich lerne unentwegt. Da ich hier im Haus mit Corporate Publishing befasst bin, lerne ich sehr viel über all die Themen unserer Kunden. Das kann an einem Tag das Thema Sterben sein und am nächsten Tag das Thema Mobilität. Und durch weil. lerne ich, wie man Zusammenhänge an Kinder kommuniziert, wenn man keine Fachbegriffe oder Prozentzahlen nutzen kann. In meinem Job ist mein Lernprogramm täglich ein[1]gebaut.
Guido: Das ist bei mir ähnlich, ich lerne im Berufsalltag auch wahnsinnig viel. In meiner Freizeit lerne ich gerade ein neues Instrument, ich habe mir nämlich ein Seaboard gekauft. Ähnlich wie ein Keyboard, nur, dass die Tasten nicht mehr da sind. Man kann also über diese Fläche gliden und sliden und je nachdem, wie stark man drückt, verändert sich der Ton. Ein fantastisches Instrument!
Vielen Dank!
Die dritte Ausgabe des Magazins weil. ist Anfang Februar erschienen. Ihr könnt das Heft nur online kaufen, nicht am Kiosk: www.weil-magazin.de. Eine Rezension der aktuellen Ausgabe findet Ihr auf Seite 40. Ihr könnt mit Eurem Unternehmen auch Patenschaften für Klassensätze übernehmen! Hier gibt es das Kontaktformular: www.weil-magazin.de/organisationen
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