Wir können weit mehr politische Hebel nutzen

Im Interview spricht die neue Bundesvorsitzende Constance Kaysser darüber, wie sie ihr Amt als Bundesvorsitzende angeht, wie sie die politische Arbeit für die junge Wirtschaft ausbauen möchte und wieso #ClosingTheGaps mehr ist als nur ein Motto.

Constance wurde in eine Wirtschaftsjunioren- Familie hineingeboren. Beide Eltern, und auch nach deren Trennung die neuen Lebenspartner: innen, sind Wirtschaftsjunioren. Ihre ersten Landes- und Bundeskonferenzen erlebte sie als Kind und genoss das vielfältige Rahmenprogramm für Familien. Als ordentliches Mitglied organisierte sie Stammtische in ihrem WJ-Kreis und übernahm schnell Verantwortung als Kreissprecherin – und jetzt, 2025, steht sie als Bundesvorsitzende an der Spitze des Verbands.

Junge Wirtschaft: Constance, was war Deine Motivation, Dich für das Amt der Bundesvorsitzenden zu bewerben?

Constance: Als Simone [Bundesvorsitzende 2024, Anm. d. Redaktion] völlig unerwartet Ersatz für ihren Stellvertreter brauchte, fragte sie mich, ob ich mir vorstellen könnte, einzuspringen. Mein erster Gedanke war: Auf keinen Fall, vielen Dank! Ich war bereits als Konferenzdirektorin für die Bundeskonferenz 2026 in Hamburg fest eingeplant und damit neben meinem Unternehmen und privaten Plänen sehr gut ausgelastet. Außerdem hatte ich keine klare Vision davon, was ich im Folgejahr als Bundesvorsitzende bewegen möchte – und Dienst nach Vorschrift war noch nie eine Option für mich. Deshalb blieb ich auch nach weiteren Anrufen bei meinem Nein. Erst ein Gespräch in der Familie brachte mich zum Umdenken: Meine Schwester berichtete mir von den Schwierigkeiten, einen Kitaplatz zu finden, und fragte, was wir bei den Wirtschaftsjunioren eigentlich konkret tun, um solche Rahmenbedingungen zu verbessern. Da wurde mir bewusst: Wir können weit mehr politische Hebel nutzen – sei es für Familienfreundlichkeit, Vereinbarkeit, Fachkräftegewinnung oder gerechte Teilhabe am Arbeitsmarkt. Diejenigen, die mit ihren Unternehmen echte Mehrwerte schaffen, sollten aufgrund der eigenen Familiensituation keine Verluste einfahren oder sich in der persönlichen Entwicklung einschränken müssen. Damit war meine Vision geboren, und ich wusste: Wenn ich etwas verändern will, muss ich Verantwortung übernehmen.

Wie hast Du Dein Bundesvorstandsteam zusammengestellt?

Ein transparenter Prozess war mir dabei enorm wichtig. Ehrenamt darf zu keiner Klüngelveranstaltung werden. Ich wollte zudem niemanden im Verband übersehen. Deshalb fragte ich über viele Kommunikationskanäle, wer im Bundesvorstand mitarbeiten möchte und warum. Es folgten persönliche Gespräche über Motivation und Visionen. Schließlich hat sich ein großartiges Bundesvorstandsteam zusammengefunden.

Nun hast Du Dein Team – wie bist Du in Dein Jahr gestartet?

Sehr turbulent und schön zugleich. Anfang Januar bin ich zum ersten Mal Mutter geworden und hatte dementsprechend privat große Umstellungen. Gleichzeitig begann meine Amtszeit und der Bundestagswahlkampf läuft auf Hochtouren. Ende Januar steht das Kreissprecher:innentreffen in Berlin an. Ohne ein starkes Team an meiner Seite – familiär und im Verband – wäre das kaum zu stemmen. So kann ich in den ersten Wochen meine Reisen minimieren und mich auf die inhaltliche Arbeit fokussieren, während mein Stellvertreter Heiko Kösling bereits politische Termine wahrnimmt.

Dein Jahresmotto lautet # ClosingTheGaps. Was verbirgt sich dahinter?

#ClosingTheGaps bedeutet, Lücken zu schließen – sei es in Wirtschaft, Technologie oder Gesellschaft. Das Ziel ist, Ungleichheiten zu überwinden und unsere Wirtschaft zukunftsfähig zu machen. Dabei geht es nicht nur um den Gender Pay Gap, sondern um viele Herausforderungen: den Care Gap, die Bildungs- und Fachkräftelücke, aber auch um die immer größer werdende Lücke bei der Unternehmensnachfolge. Es gibt noch so viele mehr, wenn man anfängt, genauer hinzuschauen und sie sind alle oft eng miteinander verwoben. Ich lade deshalb alle Ressorts, Landes- und Kreisvorstände und auch jedes einzelne Mitglied ein, sich zu fragen: Wo sehe ich in meinem beruflichen, privaten oder ehrenamtlichen Umfeld Lücken, die geschlossen werden müssen? Das Motto #ClosingTheGaps gehört nicht nur mir, sondern uns allen.

Was steht ganz oben auf Deiner To- Do-Liste?

Wir planen eine Mitgliederumfrage, um noch klarer herauszuarbeiten, wo es bei Vereinbarkeit von Familie und Beruf hakt. Daraus wollen wir Positionen und Vorschläge entwickeln, die wir an die Politik herantragen. Gleichzeitig richten wir den Blick auch nach innen. Viele unserer Kreise und Landesverbände haben Wissenslücken bei Finanzthemen und gehen ohne Budgetplan durch das Jahr. Auch solche Lücken werden wir schließen.

Politik ist ein gutes Stichwort. Du möchtest die politische Arbeit des Verbands intensivieren. Was können wir erwarten?

Unser Standing in der Politik ist bereits stark – jetzt wollen wir es gezielt weiter ausbauen. Unser neues Grundsatzpapier ist Anfang des Jahres erschienen und bietet dafür eine gute Grundlage. In den folgenden Monaten werden weitere Umfragen unter unseren Mitgliedern folgen, aus denen wir neue Positionspapiere und konkrete Vorschläge ableiten werden. Besonders freue ich mich über die neu geschaffene Stelle für politische Kommunikation im Hauptamt: Sie ermöglicht es uns, politische Prozesse noch gezielter zu begleiten, schneller auf aktuelle Debatten zu reagieren und unsere Forderungen mit Nachdruck in die Öffentlichkeit zu bringen. Das wird unsere politische Arbeit noch einmal auf ein anderes Level heben, was allein aus dem Ehrenamt heraus gar nicht zu leisten ist.

Wie passend, dass das Jubiläum „30 Jahre Know-how-Transfer“ in Deine Amtszeit fällt.

Ja, das wird ein Highlight 2025. Für mich ist es aber nicht nur das Herzstück unserer politischen Arbeit, sondern auch das tollste Format, das wir bei WJD haben. Meine eigene Teilnahme zu Beginn meiner WJ-Zeit hat mich nachhaltig geprägt. In diesem Jahr wollen wir mit einer klaren Zukunftsperspektive in den Knowhow- Transfer gehen und unsere Themen so vorbereiten, dass wir gemeinsam mit den Mitgliedern des Bundestags an Lösungen arbeiten können.

Du hast Heiko Kösling als Stellvertreter an Deiner Seite. Was schätzt Du an ihm?

Heiko und ich kennen uns bereits von der Arbeit auf Kreisebene. Ich war Kreissprecherin, er mein Stellvertreter. Probleme packen wir ähnlich an: Nicht lange meckern, sondern handeln. Ich kann mich jederzeit auf ihn verlassen und vertraue ihm. Seine Wahl als Stellvertreter bringt auch Kontinuität in unsere politische Arbeit, da auch er sie während seiner Amtszeit 2026 weiter sehr stark pushen wird.

Wie möchtest Du am Ende Deiner Amtszeit auf das Jahr zurückblicken?

Ich wünsche mir, dass alle sagen können: Wir haben richtig was bewegt. Ob es der Kreis ist, der seine interne Struktur verbessert hat, oder ob wir auf Bundesebene erfolgreich eine Gesetzesinitiative mitgestaltet haben – Hauptsache, wir kommen spürbar voran. Und natürlich hoffe ich, dass #ClosingTheGaps weit über mein Amtsjahr hinauswirkt und andere motiviert, den Faden aufzunehmen.

Was können Wirtschaftsjunior:innen tun, um sich einzubringen?

Ich möchte eine Einladung aussprechen: Bitte sprecht uns im Bundesvorstand jederzeit an, wenn Ihr Ideen habt, wie das Jahresmotto in Projekte umgesetzt werden kann. Kommt auch gern auf Heiko und mich zu, wenn Ihr Anregungen braucht. Wir haben als Verband die Möglichkeit, echte Veränderungen anzustoßen. Lasst uns #ClosingTheGaps gemeinsam mit Leben füllen! Vielen Dank für das Gespräch.

© WJD/Christian Schneider

„Ich wünsche mir, dass alle sagen können: Wir haben richtig was bewegt“

Bundesvorsitzende Constance Kaysser, Ingenieurin und Gründerin, startete ihre WJ-Laufbahn mit dem Organisieren von Stammtischen. Anschließend übernahm sie das Amt der Kreissprecherin. Ihr Credo lautet seither: „Nicht lange meckern, handeln.“

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