Digitale Barrierefreiheit: Was Vereine wissen müssen
Digitale Barrierefreiheit wird immer relevanter – auch für Vereine. Mit den neuen rechtlichen Vorgaben seit Juni 2025 und der Verantwortung, alle Nutzer:innen einzubeziehen, können Vereine viel erreichen. Ein Überblick über die wichtigsten Fakten, Vorteile und Maßnahmen in puncto barrierefreier Webseiten.
Ab Juni 2025 gilt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) mit der zugehörigen Verordnung (BFSGVO), das gleichberechtigten Zugang zu digitalen Inhalten fordert. Diese müssen künftig so gestaltet sein, dass sie von allen Menschen genutzt werden können – unabhängig von individuellen Fähigkeiten oder Einschränkungen wie visuellen, auditiven, kognitiven und motorischen Beeinträchtigungen. Dazu zählen unter anderem eine klare Struktur der Inhalte, alternative Texte für Bilder, Untertitel für Videos, eine einfache Bedienung der Webseite und die Kompatibilität mit unterstützenden Technologien wie Screenreadern.
Das Wichtigste im Überblick
• Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) trat am 27. Juni 2025 in Kraft und ist seit dem 28. Juni 2025 anzuwenden.
• Es betriff t grundsätzlich alle privaten Wirtschaftsakteure, die Produkte und/oder Dienstleistungen für Verbraucher:innen anbieten.
• Eine Beschränkung auf bestimmte juristische Personen gibt es nicht, das BFSG gilt grundsätzlich auch für Vereine.
Ob ein Verein zur Einhaltung digitaler Barrierefreiheit verpflichtet ist, hängt davon ab, welche Dienstleistungen oder Produkte auf der Webseite angeboten werden. Dies muss im Einzelfall geprüft werden. Bietet ein Verein kostenpflichtige Leistungen oder Funktionen an, die Verbraucher:innen zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrags anregen sollen, fällt er in den Anwendungsbereich des Gesetzes.
Ausnahmen für Vereine?
Unabhängig von den auf der Webseite angebotenen Dienstleistungen oder Produkten sind Vereine mit weniger als zehn Beschäftigten und einem Jahresumsatz unter zwei Millionen Euro vom BFSG ausgenommen. Dabei zählen Vollzeitbeschäftigte als ganze Einheit, Teilzeitbeschäftigte anteilig und ehrenamtliche Mitarbeiter:innen überhaupt nicht. Die Zahlung von Mitgliedsbeiträgen, die auf Satzungsvorgaben basiert, gilt nicht als Verbrauchervertrag und fällt daher nicht in den Anwendungsbereich des BFSG.
Notwendige Maßnahmen
Das BFSG legt nur fest, welches Ergebnis in Bezug auf Barrierefreiheit erreicht werden muss – jedoch nicht, wie dieses Ziel im Detail umgesetzt werden soll. Die praktische und vor allem technische Umsetzung der Barrierefreiheit hängt daher von der Entwicklung entsprechender Standards (z. B. DIN-Normen) ab. Aktuell ist besonders wichtig, dass Informationen über mindestens zwei Sinneskanäle zugänglich sind. Das bedeutet zum Beispiel, dass Grafiken und Videos mit Untertiteln versehen und Fachbegriffe, spezielle Ausdrücke oder Abkürzungen erklärt werden sollten. Webseiten, inklusive der zugehörigen Online- Anwendungen und mobil verfügbaren Dienste (wie Apps), müssen konsistent, verständlich, bedienbar und robust gestaltet sein, damit sie für alle Nutzer:innen barrierefrei zugänglich sind.
Rechtliche Folgen bei Verstößen
Die Anforderungen an die Barrierefreiheit sind grundsätzlich mit dem Inkrafttreten des BFSG und der BFSG-VO am 28. Juni 2025 umzusetzen. Es ist daher ratsam, die Umstellung auf Barrierefreiheit in Angriff zu nehmen. Die Einhaltung der BFSG-Anforderungen wird von den Marktüberwachungsbehörden der Bundesländer stichprobenmäßig kontrolliert. Bei Verstößen kann die Behörde den Verein zunächst auffordern, seine Webseite barrierefrei zu gestalten. Nur bei schwerwiegenden oder wiederholten Verstößen drohen Bußgelder, die je nach Umfang und Anzahl der Betroffenen bis zu 100.000 Euro betragen können. In der Regel haftet bei Ordnungswidrigkeiten der Verein als juristische Person. In Ausnahmefällen kann jedoch auch eine persönliche Haftung von Vorstandsmitgliedern möglich sein.
Tipps für Vereine
Der Umgang von Vereinen mit der digitalen Barrierefreiheit, insbesondere im Hinblick auf das BFSG, erfordert strategisches Handeln und vorausschauende Planung. Hier sind einige wichtige Punkte, die Vereine beachten sollten:
1. Prüfung der Betroffenheit
Vereine sollten prüfen, ob sie von den Anforderungen des BFSG betroffen sind. Dies betrifft insbesondere den elektronischen Geschäftsverkehr, sodass eine genaue Analyse der eigenen Dienstleistungen und Onlineangebote notwendig ist.
2. Jetzt Maßnahmen ergreifen
Vereine, die in den Anwendungsbereich des BFSG fallen, sollten proaktiv Schritte zur Umsetzung der Anforderungen einleiten. Da es sich um ein neues und komplexes Themenfeld handelt, ist es sinnvoll, frühzeitig mit der Planung und Umsetzung zu beginnen.
3. Informiert bleiben
Auch Vereine, die derzeit nicht verpflichtet sind, barrierefreie Webseiten zu gestalten, sollten die Entwicklungen des BFSG im Auge behalten. Es besteht die Möglichkeit, dass die Anforderungen in Zukunft ausgeweitet werden, weshalb eine fortlaufende Beobachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen empfehlenswert ist.
4. Technisches Know-how und Konzeptualisierung
Die Realisierung digitaler Barrierefreiheit erfordert sowohl technisches Wissen als auch ein gutes Verständnis für die Bedürfnisse der Nutzer. Vereine sollten daher in Erwägung ziehen, externe Dienstleister zu beauftragen, die Erfahrung mit barrierefreien Webauftritten haben.
5. Kontinuierliche Pflege
Es ist entscheidend, nicht nur bei der Erstellung, sondern auch bei der fortlaufenden Pflege der Inhalte sicherzustellen, dass die Webseite barrierefrei bleibt. Die regelmäßige Überprüfung und Aktualisierung der Inhalte sollte Teil der Vereinsstrategie sein, um langfristig die Barrierefreiheit zu gewährleisten.
Vorteile einer barrierefreien Webseite
Durch die genannten Maßnahmen können Vereine nicht nur den gesetzlichen Anforderungen gerecht werden, sondern auch die Nutzererfahrung für alle Besucher:innen ihrer Webseite verbessern. Erreichbarkeit für alle: Menschen mit Behinderungen erhalten uneingeschränkten Zugang zum Online-Angebot des Vereins. Größere Zielgruppe: Barrierefreiheit fördert Teilhabe und kann die Reichweite des Vereins erhöhen. Bessere Auffindbarkeit in Suchmaschinen: Barrierefreiheit wirkt sich oft positiv auf die Suchmaschinenoptimierung (SEO) der Webseite aus.
Der Beitrag erschien zuerst bei der Stiftung DEUTSCHES EHRENAMT gGmbH (www.deutsches-ehrenamt.de).
Michaela Horn
ist leitende Redakteurin des Monatsmagazins „Benedetto“ der Stiftung DEUTSCHES EHRENAMT gGmbH und Vorstandsberaterin im Team Vereins-Schutzbrief der DEUTSCHES EHRENAMT Service GmbH.
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