Mit Allyship Vielfalt fördern

Seit 10 Monaten bin ich mittlerweile Geschäftsführer des Charta der Vielfalt e.V. – Der Initiative für Vielfalt in der Arbeitswelt. Eine spannende und sinnstiftende Tätigkeit, besonders weil die Themen Diversity und Inklusion sich bereits durch mein gesamtes Berufsleben ziehen. Schon als Vorstandsvorsitzender der Stiftung der Deutschen Fußball Liga kam ich täglich mit Diversität in Berührung. Vielfalt ist für mich eine Tatsache, ein Fakt. Ein gutes Funktionieren unserer Gesellschaft hängt entscheidend davon ab, dass wir Vielfalt als Realität akzeptieren, sie als Chance sehen und sie gemeinsam gestalten.

Bleiben wir beim Beispiel Sport: Mannschaftssport ist gelebte Inklusion und Integration. Menschen unterschiedlichster Hintergründe und Fähigkeiten bilden ein Team und verfolgen ein gemeinsames Ziel. Kein Fußballteam war z.B. erfolgreich, weil es aus elf gleichgroßen und gleichmäßig talentierten Abwehrspielern oder Abwehrspielerinnen bestand – vielmehr sind gerade die Teams erfolgreich, die die Fähigkeiten der unterschiedlichsten Charaktere vereinen und daraus ein echtes Team bilden können. Das heißt: sie sind vor allem dann erfolgreich, wenn möglichst viele verschiedene Stärken zusammenkommen und einander ergänzen.

Das gleiche gilt auch für die Arbeitswelt. Diversity ist der Schlüssel zum Erfolg. Dass das nicht nur eine Phrase ist, haben verschiedenste Studien bestätigt[1], so auch unsere Studie Diversity Trends. Zwei Drittel aller befragten Unternehmen in Deutschland sehen mit Diversity Management konkrete Vorteile für ihr Unternehmen verbunden. Dazu zählen insbesondere die Attraktivität für aktuelle und neue Beschäftigte, die Offenheit und Lernfähigkeit der Organisation sowie die Förderung von Innovation und Kreativität. 63 % der befragten Unternehmen erwarten, dass Diversity Management zukünftig noch stärker an Relevanz gewinnt.

Dies ist ein Grund dafür, dass Themen rund um Vielfalt in der Arbeitswelt und in der Gesellschaft derzeit stark diskutiert und verhandelt werden. Ein gutes Zeichen, weil es zeigt, wie weit wir bereits in der Debatte gekommen sind. Gleichzeitig steht die Frage im Raum, wer überhaupt über Vielfalt reden soll und darf. Eine Frage, die verdeutlicht, wie schnell unbewusste Vorurteile entstehen. Die meisten der sieben Dimensionen von Vielfalt sind auf den ersten Blick nicht sichtbar, nicht zu erkennen. Entscheidender ist, dass sich Menschen, die bisher keine strukturellen Benachteiligungen erlebt haben, glaubwürdig für Gleichberechtigung und einen wertschätzenden Umgang einsetzen können – als Verbündete, sogenannte Allies.

Allies setzen sich für Betroffene und gegen diskriminierende Handlungen und Strukturen ein. Ihr Einfluss verleiht den Anliegen und den Bedürfnissen marginalisierter Gruppen ein zusätzliches Gewicht und unterstützt dabei, ihre Themen glaubwürdig und ernsthaft voranzutreiben. Ein ehrliches Interesse an den Menschen und Empathie sind Grundvoraussetzung für Allyship. So spreche ich als Ally nicht über andere, ohne dass sie Teil des Gesprächs sind. In den letzten zwölf Monaten gab es nicht selten Talkrunden oder Panels, die die Situation von marginalisierten Gruppen, wie beispielsweise People of Color zum Thema hatten. Natürlich kann ich persönlich dazu eine Meinung haben. Allerdings funktioniert es nicht, wenn die Talkrunde, ausschließlich mit anderen weißen Menschen besetzt ist. Miteinander reden statt übereinander reden – auch das ist ein Kernelement von Allyship.

Im Konkreten bedeutet dies auch, dass wir uns alle immer wieder selbstreflektieren und uns unserer eigenen Vorurteile bewusstwerden müssen. Auch ich habe vor 30 Jahren als junger Mann Themen anders formuliert, als ich sie heute überhaupt denken würde. Genau aus diesem Grund appelliere ich dafür, dass wir Menschen und Organisationen zugestehen, dass sie beim Themenfeld Diversity noch am Anfang stehen und lernen müssen. Die Unterzeichnung der Charta der Vielfalt und das öffentliche Bekenntnis, sich mit Vielfalt in der eigenen Organisation auseinanderzusetzen, ist dafür ein guter Anfang. Sich in einem großen Netzwerk von erfahrenen Institutionen und Organisationen auszutauschen, Erfahrungen zu sammeln und schließlich die für das eigene Unternehmen richtigen Schlüsse zu ziehen und diese umzusetzen – das ist ein Weg, auf dem ich Sie mit dem Team der Charta der Vielfalt sehr gerne begleite.

© DFL Stiftung_Rui Camilo

Zur Person

Stefan Kiefer ist seit Januar 2021 Geschäftsführer des gemeinnützigen Vereins Charta der Vielfalt e.V. in Berlin. Bis Dezember 2020 war Stefan Kiefer Vorstandsvorsitzender der Stiftung der Deutschen Fußball Liga (DFL), die sich vor allem um die Themen Integration und Inklusion sowie das gesunde und aktive Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen einsetzte und den Nachwuchs der olympischen, paralympischen und gehörlosen Sportlerinnen und Sportler förderte. Von 2000 bis 2014 war er in verschiedenen Funktionen für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) tätig und hat in dieser Zeit nebenberuflich die erste Ehrenamtlichen Organisation im deutschen Profifußball bei Hannover 96 aufgebaut und 10 Jahre lang geleitet.