Besser ankommen mit den Wirtschaftsjunioren

Wer aus dem Ausland nach Deutschland zieht, ist oft ganz auf sich alleine gestellt. Zwei Juniorinnen und ein Junior berichten, wie ihnen die WJ beim Ankommen in ihrer neuen Heimat geholfen haben.

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Pierre Engama hat, wovon viele träumen: eine Arbeit, die ihn erfüllt. Der 39jährige Wahlberliner ist Vorstandsmitglied der Wirtschaftsjunioren Berlin und Geschäftsführer seines eigenen Unternehmens, Le Pont Bediang. Bediang ist der Name seines Vaters, in Pierres Heimat, Kamerun, bedeutet Le Pont Bediang „Brücke der Blinden“.

Le Pont Bediang ist in der Tat eine Brücke. Das Unternehmen verbindet den afrikanischen mit dem europäischen Kontinent. „Viele Menschen in Afrika, auch Hochgebildete, wissen nicht, dass es legale Wege gibt, nach Europa zu kommen“, erklärt er. In seiner Studienzeit in Berlin habe er viele solche Menschen kennengelernt. In ihrer wirtschaftlichen Not wenden sie sich an Schlepper und riskieren ihr Leben, um nach Europa zu kommen. Obendrein geben sie dafür oft ihr gesamtes Erspartes ab. „Für die legalen Möglichkeiten“, sagt Pierre, „sind sie blind.“

Woran das liegt? „Eigentlich haben die Menschen den Zugang zu diesen Informationen.“ Denn ähnlich wie in Europa besitzt auch in Afrika mittlerweile fast jede und jeder ein Smartphone und hat Zugang zum Internet. „Die Menschen halten das Werkzeug eigentlich in der Hand.“ Die meisten Afrikanerinnen und Afrikaner nutzten das Gerät jedoch ausschließlich für die Kommunikation. Kaum jemand würde damit recherchieren oder sich Wissen aneignen. „Aus dieser Feststellung heraus ist die Idee zu unserem Unternehmen entstanden: Wir wollen den Menschen zeigen, welche Möglichkeiten es gibt, ganz normal nach Europa zu kommen.“

© WJD/ Viktória Létang

Schrittweise ankommen

Menschen dazu zu befähigen, nach Deutschland zu kommen, ist für Pierre und sein Unternehmen nur der erste Schritt. Ihnen dabei zu helfen, in Deutschland auch tatsächlich anzukommen, ist der zweite. „Wir helfen mit Fragen, die sich anschließend an die Einreise stellen: Wie sollte ich mein Leben in Deutschland gestalten? Was tue ich gegen Einsamkeit? Wie lerne ich Deutsch? Und wer hilft, wenn ich einmal nicht weiterweiß?“

Pierre weiß, wie schwierig es ist, alleine durch das Behörden- und Berufsdickicht zu navigieren, die Sprache und die Kultur zu erlernen. Wer ins Ausland zieht, ist gewöhnlich größtenteils auf sich alleine gestellt. Umso wertvoller, erzählt Pierre, war für ihn sein Beitritt zu den Wirtschaftsjunioren. Erfahren hat er vom Verband rein zufällig beim Blättern in einer Stadtteilzeitung im Dezember 2018. Ein Zufall, der sich als äußerst glücklich erweist: Le Pont Bediang befindet sich zu diesem Zeitpunkt gerade in Gründung. Pierre muss jetzt kluge Entscheidungen treffen, Beziehungen knüpfen, potenzielle Geschäftspartnerinnen und -partner überzeugen. Das Netzwerk hilft ihm dabei.

„Ich wusste, es wäre gut, Kontakte zu haben, die meine Fragen beantworten können,“ sagt Pierre. Besonders, dass dem Verband nicht nur ganz junge Menschen angehören, sondern auch Fördermitglieder, die in der Unternehmensführung über reichlich Erfahrung verfügen, überzeugt ihn. „Bevor ich mich an einen teuren Anwalt wende, hole ich mir lieber erst einmal Tipps von den anderen Mitgliedern. Das reicht meist.“

Außerdem sieht Pierre im Verband eine Möglichkeit, als Fremder im Land nicht nur unternehmerisch wertvolle Kontakte zu knüpfen, sondern auch neue Freunde zu finden: „Das war für mich auch eine Möglichkeit, näher an die deutsche Gesellschaft zu rücken. Denn nach meinem Studium war ich erstmal vor allem von Menschen aus Kamerun umgeben.“

© WJD/ Pauline Lajehanniere

Ähnliche Erfahrungen

Ähnlich wie Pierre erging es auch den beiden Unternehmerinnen Pauline Lajehanniere Appel und Viktória Létang. Pauline ist Geschäftsführerin der Designagentur VISUAL BUHO und Kreisvorstandsmitglied der Wirtschaftsjunioren Kaufbeuren-Ostallgäu. Nach Deutschland zog die Chilenin schon 2011, dem Verband tritt sie vier Jahre später bei – direkt nach ihrer Unternehmensgründung. Auch Viktória lebt in Kaufbeuren und ist Mitglied der Wirtschaftsjunioren. Hier im Ostallgäu betreibt Viktória ihr Reiseunternehmen Alegrotur. Im Jahr 2007 zog sie aus Ungarn nach Deutschland. Seit acht Jahren ist sie im Verband.

Obwohl sie aus ungleichen Welten kommen, sind die beiden Frauen über ihre gleichen Erfahrungen mit dem Ankommen in Deutschland freundschaftlich miteinander verbunden. „Ich glaube, fast alle, die nach Deutschland einwandern, machen sehr ähnliche Erfahrungen. Zum Beispiel mit dem Gefühl der Einsamkeit, das man die ersten Jahre über empfindet. Oder mit der deutschen Kultur“, sagt Pauline und lacht. „Das verbindet einen.“

Als sie mit 21 nach Deutschland zieht, entdeckt Pauline eine neue Welt. Alles ist anders als in der Heimat, erinnert sie sich: Wetter, Sprache, Kultur, Ordnung, Pünktlichkeit, Perfektionismus. Dass die berühmte deutsche Pünktlichkeit mehr ist als nur Klischee, erlebt sie auf ihrer ersten Bahnfahrt: „Die Abfahrtszeiten! Verrückt: 10.36 Uhr oder 14.27 Uhr. Das sind Uhrzeiten, die gibt es bei uns in Chile ganz einfach nicht.”

Nach ihrer Ausbildung zur visuellen Gestalterin entschließt sich Pauline für die Selbständigkeit und gründet VISUAL BUHO. Sie sucht gezielt nach einer Möglichkeit, ein Netzwerk zu bilden – und findet mithilfe von Google sofort die Wirtschaftsjunioren. „Ich fühlte mich total willkommen. Die Leute fanden mich interessant, das hat mich bestätigt. Das hilft einem mit der Selbstsicherheit und dabei zu wissen, wer man eigentlich ist.”

Auch Viktória sagt, dass der Verband ihr in ihrer Selbständigkeit eine große Hilfe gewesen ist. „Für mich war ein großes Plus, dass man keinen nur formellen Umgang miteinander hat. Wir Wirtschaftsjunioren duzen uns. Spaß zusammen haben zu können ist wichtig.“ Gemeinsam eine gute Zeit haben und in unternehmerischen Dingen kompetente Unterstützung: Piere, Pauline und Viktória sind bei und mit den Wirtschaftsjunioren angekommen.